Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

414 Nalien. (Oct. 4— Nov. 18.) 
4. October. Garibaldi und sein Sohn Menotti legen de- 
monstrativ ihre Abgeordnetenmandate nieder. Garibaldi, obgleich 
gänzlich gelähmt, läßt sich von Caprera nach Genua bringen. Durch 
seine Anwesenheit kommen alle extremen Elemente und Bestrebungen 
momentan in große Erregung. 
3. November. Der Ministerrath beschließt, dem Parlament 
die Beseitigung des Zwangskurses in Vorlage zu bringen. 
4. November. Mentana-Feier in Mailand. Auch Garibaldi 
findet sich dazu ein. Lärmende Verbrüderung der republicanischen 
Elemente Oberitaliens mit den Extremsten der französischen Ex- 
tremen, Nochefort, Blanqui 2c. 
15. November. Wiederzusammentritt des Parlamentes. Die 
Regierung legt der Kammer ihren Man bezüglich Aufhebung des 
Zwangskurses vor. 
Grundlage der Operation wird die Aufnahme einer auswärtigen An- 
leihe im Betrage von 644 Millionen Lire sein. 44 Millionen sind zur 
Tilgung einer Schuld bei der oberitalienischen Eisenbahngesellschaft, 60 
Millionen zur Einlösung des entsprechenden Betrags in Zwangspapier r 
stimmt. Die verbleibenden 340 Millionen cursirenden Papiers sollen als 
jederzeit einlösliche Staatskassenscheine im Verkehr belassen werden. Die 
Regierung verlangt eine zweijährige Frist zur Ausführung der Operation. 
16. November. Der Appellhof bestätigt in Sachen der Con- 
gregation Propaganda Fide gegen die staatliche Liquidationscom= 
mission das Urtheil der ersten Gerichtsinstanz und erklärt die Güter 
der Congregation der Einziehung unterworfen. 
18. November. Kammer: Die Regierung legt derfelben den 
Entwurf eines materiell ziemlich tief greifenden kirchenpolitischen 
Gesetzes vor. 
Auch Italien bereitet sich durch dasselbe zu weiteren Schritten in 
der Ansdehnung der staatlichen Autorität über die civilrechtliche Stellung 
der Kirche vor. Um diese Maßregeln nicht als ausschließlich gegen die 
Kirche gerichtet erscheinen zu lassen, hat man sie in einen Gesetzentwurf ein- 
ekleidet, welcher die Neuordnung der sämmtlichen Zweige der kirchlichen 
Fokseige wort und Jurisdiction, sowie die Liquidation und 
Verwaltung der Kirchengüter umaßt. In der That mangelt es 
bis iett an einer nur einigermaßen einheitlichen Organisation jener in enger 
Beziehung zu einander stehenden Verwaltungszweige. Sie befinden sich unter 
verschiedener Dependenz und Direction, und die auf sie bezüglichen Gefetze, 
Reglements und Circaulare stehen vielfach i im Widerspruch mit einander. Der 
— bezweckt nun, jener Ungleichheit ein Eude zu machen und das 
anze Gebiet unter die einheeitliche Leitung einer „Generaldirection für die 
Kullesargleganheilen.“ die im Justizministerium zu schaffen ist, zu stellen. 
Es verschwinden dadurch die Verwaltung des Cultusfonds, das Commissariat 
für die Liquidation des Kirchenvermögens in der Provinz Rom, die sieben
	        
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