Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

418 Die päpstliche Curie. (Juli 1— Auf. Nov.) 
klärt am 28. ds. Mts. dem päpstlichen Nuntius in Brüssel, daß 
sie mit diesem Tage die diplomatischen Beziehungen zu ihm ein- 
stelle und ihm seine Pässe zuschicke. Die Maßregel ist für den 
Vatican sehr empfindlich, da sie den Schein weltlicher Herrschaft 
und Souveränetät neuerdings schwächt (s. Belgien). 
1. Juli. Die Aufhebung sämmtlicher Niederlassungen des 
Jesuitenordens in Frankreich ist eine vollendete Thatsache. Der 
Papst schweigt. 
15. August. Der Cardinal-Staatssecretär Nina, durch den 
belgischen Conflict unmöglich geworden, verlangt seine Entlassung. 
20. August. Der Papst hält im Consistorium eine fehr scharfe 
Allocution an die Bischöfe über den Conflict mit Belgien. 
13. October. Der Cardinal-Staatssecretär Nina erhält vom 
Papfst seine Entlassung. 
24. October. Ansprache des Papstles an ca. 600 ehemalige 
päpstliche Beamtete, welche sich seiner Zeit geweigert haben, dem 
König von Italien den Eid der Treue zu leisten. Die Ansprache 
läßt keinen Zweifel darüber, daß die Curie die Annexion von Rom 
noch immer nicht anerkennt und auf die Hoffnung nicht verzichtet, 
ihre weltliche Herrschaft unter günstigern Zeitumständen wieder zu 
erringen. Inzwischen wird aber Rom mehr und mehr eine mo- 
derne Großstadt und entzieht sich so von selbst dem curialistischen 
Regimente. 
31. October. Die Curie schließt mit Rußland in Wien durch 
den Nuntius Jacobini und dem Botschafter Oubril einen Prä- 
liminarvertrag über die Ernennung der Bischöfe, die Leitung der 
Priesterseminare und die Erziehung der jungen Geistlichkeit ab. 
Anfang November. Auch die Aufhebung aller vom Staate 
nicht anerkannten Orden und Congregationen in Frankreich ist eine 
vollendete Thatsache. Die Orden haben sich geweigert, die staat- 
liche Anerkennung nachzusuchen, und der Versuch, sie durch eine 
einfache Declaration zu retten, ist gescheitert. Der Papst beklagt 
sich darüber in einem Privatbrief an den Erzbischof von Paris, 
von dem die Regierung keine Notiz nimmt. Der Papst muß es 
sich gefallen lassen und schweigen, da die französische Regierung 
mit der Zurückziehung des französischen Gesandten beim Vatican 
und mit der Aufhebung des Concordates droht. Auch in die Er- 
nennung der französischen Bischöfe muß sich der Papst aller Ein- 
mischung und alles Einflusses enthalten (s. Frankreich).
	        
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