506 Bulgarien. (Dec. 21 -30.)
Redner, Schiwkoff, ein Liberaler, macht über diese ungeziemende Aeußerung
und Handlungsweise eine absällige Bemerkung, worauf Gorbanoff dem
Schiwkoff ins Gesicht spuck. Dieß beantwortet Schiwkoff allsogleich mit
einer derben Ohrfeige. Der Kammerpräsident sieht sich in Folge dieser Affaire
veranlaßt, anguordnen, daß Gorbanoff durch die Quästoren unter Assistenz
des Parlamentsdieners aus dem Saale entfernt werde. Kaltscho Simeone,
ein Conservativer, nimmt Partei für Gorbanoff und vergreift sich thätlich
an den Dienern, worauf die nächststehenden Deputirten in Masse Kaltscho
hinausprügeln. Diesen Moment benützend, entflieht Gorbauoff unter dem
Rufe: „Mord! Mord!" mit Hinterlassung seines Hutes und Ueberwurfes
durch die Damenloge ins Freie. Die Sipung wird auf einige Zeit unter-
brochen, und nachdem sich die Gemüther scheinbar beruhigt hatten, fortgeseht,
bald jedoch geschlossen. Es wird dann die Versücung getroffen, daß Gor-
banoff sämmtlicher Würden und Stellen, welche er bekleidet, verlustig werde.
Gorbanoff war Deputirter, Sektions- Chef im Juftizministerium und Sprach-
lührer des Fürsten, welcher ihn jedoch schon vor einem Monate dieser Stelle
entho
21. December. Sobranie: Der Conseilspräsident Karaweloff
beantwortet eine Interpellation betr. die Eisenbahnen dahin,
daß die Regierung mit der Prüfung der Eisenbah Oufrage beschäftigt
sei und zwar von dem Gesichtspunkte eines allgemeinen ulgarischen Eisen-
bahnnetzes aus, welches die Linien Rustschuk sia-Ti
wa, Sofia- Widin, Sofia-B le und Sofia-Kustend; umfasse. Die Ver-
sammlung nimmt darauf eine Resolution an, durch welche die Regierung
bevollmächtigt wird, die Erhebungen zum Bau einer Eisenbahnlinie, welche
das europäische Eisenbahnneß mit dem orientalischen verbindet und ben Be-
dürfnissen Bulgariens entspricht, fortzusehen und erforderlichen Falls behufs
Lösung der Eisenbahnfrage die Nationalversammlung zu einer außerordent-
lichen Session einzuberufen.
30. December. Schluß der Sobranie. Thronrede des Fürsten.
Derselbe erinnert an die von der Kammer angenommenen Gesetzent-
würfe, und sagt: dieselben füllten eine Lücke aus und legten einen festen
Grund für die künftige Entwicklung des Landes. Durch die prineipielle
Cusschridung der Eisenbahnfrage, worin der Regierung die nöthigen Voll-
machten ertheilt wurden, machte die Kammer einen Schritt, der ein günstiges
Ergebniß für das Fürstenthum haben werde. Der Fürst ist überzeugt, das
neue Ministerium erde am besten den Wünschen der Kammer entsprechen
und deren Vertrauen genießen. Der Fürst dankt schließlich der Kammer
für die in liberaler Weise der Regierung bewilligten nothwendigen Summen.
Unmittelbar nachher entläßt der Fürst aus eigener Initiative
den früheren Ministerpräsidenten und gegenwärtigen Minister des
Innern Zankoff wegen Wortbruchs gegenüber Oesterreich. An seiner
Stelle übernimmt Slaveikoff das Innere und Serasoff das Unter-
richtzwesen
Zankoff hatte dem Vertreter Oesterreich-Ungarns in Sophia, Grafen
Kheuenhüser die abfolnte Unterstühung Bulgariens in der Donaukommission
in allen Punkten des Arant-projet mil Ansnahme der voix dominante zu-
gesagt. Gleichzeitig aber war er nicht minder in intime Relationen zu dem
Perkeceer Rumäniens getreten und hatte sich verbindlich gemacht, den Reprä-
sentanten Bulgariens in der Donaukommission dahin zu instruiren, daß
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