Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

Jeghplen. (Jan. 1.) 507 
derselbe seine Haltung ganz nach der des rumänischen Delegirten einzurichten 
abe. Der bulgarische Minister nahm es jedoch ernster mit dem zweiten 
Versprechen als mit dem ersten. Zankoff, der Neffe, erhielt die versprochenen 
eheimen Instrastionen und stimmte in Galabß mit Rumänien. Graf Kheven- 
hüller brachte die Thatsache zur Kenntniß des Fürsten, und dieser verfügt 
nicht nur die soforlige Absetzung Zankoifs, sondern er konstatirt auch die 
Motive dieser Absetzung in einem an den Minister-Präsidenten Karaweloff 
gerichteten und im bulgarischen Amtsblatte veröffentlichten Briefe. Die 
Amtsentsehung Zankoffs erfolgt milhin in einer Form, der man den Cha- 
rakter der Strenge und Unnachsichtigkeit nicht absprechen kann, und sie bietet 
Oesterreich- Ungarn die vollständigste und zufriedenstellendste Satisfaklion, auf 
welche es nur immer Anspruch erheben durfte. 
6. Aegypten. 
1. Januar. Die beiden Generalcontroleure, der englische und 
der französische, legen dem Vicekönige ein Memorandum über die 
Lage des Landes und die Aussichten für die Zukunft vor. 
Das Document ist von Wichtigkeit, da es die Ansichten derer aufweist, 
die jetzt in erster Linie auf Aegyptens Geschichte Einfluß haben. Folgendes 
ist ein kurzer Auszug des ziemlich langen Schriftstückes, dem man eine ob- 
jective, nüchterne Anschauung der Sachlage nicht absprechen kann. „Bis zur 
Vollendung des in der Ausarbeitung begriffenen Finanzplanes legen wir 
biemit dessen Hauptsätze zur Regelung der consolidirten Staatsschuld vor. 
Die Schwierigkeit, genau die Einkünfte des Landes zu bestimmen, die Un- 
Möglichkeit für die ägyptische Regierung, allgemein gültige Finanzgesehe zu 
erlassen, der Mangel an Vertrauen in die frühere Regierung hat den vor- 
hergehenden Finanzmaßregeln nur einen provisorischen Charakter verleihen 
können. Auch die Zukunft ist noch dicht jehr günstig, doch sind angenblick- 
lich die Umstände so gut, wie sie in den letzten Jahren niemals waren. Von 
allen diesen Umständen ist entschieden der Wechsel des Herrschers der bedeu- 
tendste. Wir hätten gewünscht auf die Bergangenheit nicht zurückkommen 
zu müssen; aber man kann sich keine richtige Vorstellung von der Gegenwart 
machen, ohne sich zu erinnern, daß bis zum Tage der Thronbesteigung Ew. 
Hoheit ein unübersteigliches Hinderniß, sich jeder Finanzreform in den Weg 
stellte. Der Wechsel der Personen schließt, wie wir fest hoffen, auch einen 
Wechsel des Snlen ein, und wir ergreifen diese Gelegenheit, um unfer 
Vertrauen in die Loyalität der Absichten Ew. Hoheit, die Weisheit der An- 
sichten und den festen Willen derselben, den gegenwärtigen Stand der Dinge 
zu verbessern, auszudrücken. Vor allem ist es nöthig, daß die Steuerpflich- 
tigen wissen, welche Abgaben und wann sie zu bezahlen haben. Auch muß 
man die ewillkürliche Steuereintreibung durch ein gerichtliches Verfahren er- 
seben. Die früheren Finanzdecrete konnten keine Gesetzeskraft erlangen, da 
sie den Mächten nicht vorgelegt waren und in Folge dessen von den Tribu- 
nalen nicht anerkannt wurden. Es sind daher Verhandlungen angeknüpft, 
um einer Liquidationscommission legislative Macht zu übertragen. Scheitern 
diese Verhandlungen, so soll den Mächten das ausgearbeitete Licuidationsgesetz 
vorgelegt werden. Statt der provisorischen Maßregeln, welche wir früher 
befürwortet, schlagen wir jetzt definitive vor, indem wir beantragen: den 
Inhabern von ägyptischen Staatspapieren ein Minimum Interessen zu sichern 
und ihnen je nach dem Stande der Einnahmen mehr zu geben. Dann muß 
man eine Demarcationslinie zwischen Vergangenheit und Zukunft ziehen, über
	        
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