Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

532 Kebersicht der politischen Entwicklung des Jahres 1880. 
Mächte hatten dagegen nichts einzmvenden. So wurde denn, über 
die Anschauungen oder Wünsche des 13. Protokolls des Berliner 
Congresses hinausgehend, Griechenland ganz Thessalien mit Larissa. 
und ein erhebliches Stück von Epirus mit Janina und Metzowo 
zugesprochen. Griechenland konnte augenblicklich nicht mehr ver- 
langen, kaum mehr wünschen. Es erklärte denn auch sofort, daß es 
die Beschlüsse Europas seinerseits annehme. Anders dagegen die 
Pforte. Schon während der Conferenz hatte sie sich officiell und 
wiederholt gegen eine Abmachung ausgesprochen, die ihm ohne wei- 
teres mitten im Frieden zwei ganze Provinzen aberkenne, mit dem Bei- 
fügen, daß sie aus strategischen Gründen die Städte Larissa, Janina 
und Metzowo freiwillig nie und nimmer abtreten werde. Die Col- 
lectivnote der Mächte beantwortete sie denn auch dem entsprechend 
mit einem runden und bestimmten Abschlag. In einer zweiten 
Collectivnote beharrten darauf die Mächte bei ihren Beschlüssen 
und wollten sich nicht über das Grenztracé selbst, sondern lediglich 
bezüglich des Modus der Uebergabe der abzutretenden Gebiete an 
Griechenland in weitere Verhandlungen einlassen; aber auch die 
Pforte blieb fest. Somit lag die ganze Angelegenheit wieder so wie 
vor der Berliner Conferenz und es war nicht leicht zu sagen, was 
nun weiter geschehen solle. Denn entweder war der Beschluß der 
Conferenz eine bloße Meinungsäußerung oder sie war ein förmlicher 
Entscheid, ein Urtheil in der Frage. Im ersteren Falle mußten 
neue Unterhandlungen, im zweiten aber eine Execution gegen die 
Pforte eingeleitet werden. Die Pforte war für das erstere, Griechen- 
land selbstverständlich für das letztere. Allein weitere Unterhandlun- 
gen erschienen für den Augenblick ganz und gar aussichtelos und zu 
einer Execution gegen die Pforte hatten die Mächte keine Lust und 
hätten sich über eine solche wohl auch niemals unter einander ver- 
ständigen können. So blieb die ganze Sache für einmal wieder 
liegen. 
Die Zunächst trat wieder die montenegrinische Grenzfrage in den 
montene · Vordergrund. Da die Pforte weder die Bestimmungen des Berliner 
wsch-Vertrags noch diejenigen des Vertrags vom 12. April 1880 aus- 
frage führen wollte oder konnte, so schlugen ihr die Mächte endlich die 
Abtretung der kleinen Stadt Dulcigno mit einem schmalen Streifen 
Landes bis zur Bojana-Mündung vor. Montenegro erklärte sich 
damit zufrieden und es handelte sich also nur darum, auch die 
Pforte dafür zu gewinnen. Aber dieselbe Schwierigkeit, die ihr
	        
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