80 Das deulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 28.)
Einzelregierungen nachgesucht. Es liege bereits eine Reihe von Aeußerungen
der Negierungen vor. aber gerade von den größeren Staaten fehlten sie noch;
es sei daher nicht möglich, ein zusammenhängendes Bild von den Anschau-
ungen der Regierungen zu gewinnen. Die Vorlage noch in gegenwärtiger
Session an den Reichstag zu bringen, sei nicht möglich. Ob die Vorlage
im Sinne des Interpellanten ausfallen werde, könne er nicht bestimmen.
In der an die Interpellation geknüpften Besprechung meint der Minister
weiter: Der Bundesrath werde bis zur nächsten Session zu der Frage jeden-
falls Stellung nehmen müssen. Was die Revision des Haftpflichtgesezes an-
betreffe, so hätten dießbezügliche Erwägungen stattgefunden, seien aber noch
nicht abgeschlossen. Ohne Zusammenhang mit der Frage der Allerver-
sorgungskassen werde die Revision des Haftpflichtgesehes nicht bewirkt wer-
den können. Nach seiner Ansicht würden die schwebenden Erwägungen da-
hin führen, daß den Fabrikanten die Wahl gelasten werde, ob sie dem
Hastpflichtgesetze in verschärftem Maße sich unterwerjen oder ob sie dafür
sorgen wollen, daß die Arbeiler gegen alle Unfälle ohne Ausnahme in be-
stimmter Weise versichert werden.
28. Februar. (Deutsches Reich.) Der Reichskangler lehnt
die neue Orthographie des preußischen Cultusministers v. Putt-
kamer für den Reichsdienst durch einen Erlaß entschieden ab:
„Zur Vermeidung von Mißverständnissen und zur Erhaltung der in
der dienstlichen Correspondenz nothwendigen Einheit der Schreibweise ersuche
ich Ew., darauf zu halten, daß im Reichsdienste an der Rechtschreibung, wie
sie bisher in der übereinstimmenden Praxis üblich ist, so lange festgehalten
werde, bis im Wege der Reichsgesetzgebung oder einstimmiger amtlicher Ver-
einbarung eine Abänderung herbeigeführt sein wird. Willkürliche Abweich-
ungen von der bisher im amtlichen Verkehr allgemein üblichen und von den
jebigen Beamten auf den Schulen übereinstimmend erlernten Rechtschreibung
sind dienstlich zu untersagen und nöthigenfalls durch eine steigernde Ord-
nungsstrafe zu verhindern.“
28. Febrnar. (Deutsches Reich.) Die oberste Marine-=
behörde beschließt, alle weiteren Versuche zur Hebung des Großen
Kurfürsten als aussichtslos aufzugeben. Die Gesammtkosten des
untergegangenen Schiffes hatten 7,305,184 .&¾ betragen, die nun für
das deutsche Reich für immer verloren sind. Ob ein neues Panzer-
schiff zum Ersatz des verlorenen gebaut wird, ist wenigstens vorerst
zweifelhaft.
28. Februar. (Deutsches Reich.) Die Unterhandlungen
mit Oesterreich-Ungarn über den Abschluß eines neuen Handels-
vertrags bieten wenig Aussicht auf Erfolg. Eine von der österreich-
ungarischen Regierung einberufene österreich-ungarische Zollconferenz
erklärt die deutschen Vorschläge einstimmig für eine ungenügende
Verhandlungsbasis und beschließt, Deutschland vielmehr eine mehr-
jahrige Verlängerung des Vertrags von 1878 vorzuschlagen.
deutsche Regierung hatte jede wie immer geartete Concession in
den aanslen (auch in Bezug auf die Rohproducte, wie Getreide, Holz 2c.)
durchweg abgelehnt, dagegen sich bereit erklärt, die Sätze des autonomen