284 Dos deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Nov. 19—22.)
der Conservativen und Ultramontanen mit 193 Stimmen zum Prä-
sidenten gewählt gegen 148 Stimmen, welche auf den Freiherrn
v. Stauffenberg fallen. Zum ersten Vircepräsidenten wird Freiherr
v. Franckenstein (ultram.) gewählt gegen 136 Stimmen, die v. Benda
(nat.-lib.) erhält. Bei der Wahl des zweiten Vicepräsidenten erhält
v. Benda 157, Hänel (Fortschr.) 148 Stimmen. Da von Benda
die Wahl ablehnt, wird Ackermann (deutsch-cons.) mit 158 gegen
Häuel, auf den 136 Stimmen fallen, gewählt. Die Ablehnung
Benda's beweist, daß die Nationalliberalen an dem Zufammengehen
mit den Gruppen der Linken entschieden festhalten.
19. November. (Baden.) II. Kammer: wählt durch Com-
promiß Lamey (lib.) zum Präsidenten, Behinger (ultram.) zum ersten
und Friedrich (lib.) zum zweiten Vicepräsidenten. Die Parteien
stehen sich ziemlich schroff gegenüber, indem den 31 Nationalliberalen
die vereinigten Ultramontanen, Demokraten und Conservativen mit
zufammen gleichfalls 31 Stimmen gegenüberstehen, so daß die Ent-
scheidung wiederholt dem aus der ultram. Fraction ausgetretenen
Abg. Baumstarck zufällt, der bis jetzt immer mit den Liberalen ge-
stimmt hat. — Die Regierung legt der Kammer das Budget für
1882 und 1883 vor. Dasselbe lautet befriedigend, indem die Ein-
nahmen zu 81,839,2394, die Ausgaben zu 80,455,579.Cveranschlagt
sind, so daß also ein Ueberschuß von 1,383,660 4 in Aussicht steht.
20. November. (Preußen.) Kleiner Scandal im hannover-
schen Provinziallandtag beg. der Ablegung des vorgeschriebenen Eides,
wobei der Regierungscommissär Haase bemerkt, er würde es bedauern,
wenn ein Unterthan Sr. Maj. des Königs von Preußen den Eid verweigern
wollte, worauf der Welfe Ob.-App.-Nath a. D. v. Lenthe die Discussion
mit den Worten schließt: „Der Regierungscommissär hat von seinem Stand=
puncte als Preuße ganz Recht. Ich bin aber kein Preuße und will kein
Preuße sein! Es ist Unglück geung, daß wir einen solchen preußischen Re-
gierungscommissär hier im Landtage dulden müssen.“
21. November. (Preußen.) Die keaiserliche Botschaft zur
Eröffnung des Reichstags wird in 60,000 Exemplaren gedruckt und
in allen Gemeinden der Monarchie amitlich angeschlagen.
22. November. (Deutsches Reich.) Bundesrath: verlängert
den kleinen Velagerungszustand für Verlin um ein Jahr.
Nach einer Zusammenstellung der in Folge des sog. kleinen Belage-
rungszustandes ergriffenen Maßregeln sind aus Berlin 155, aus Hamburg,
Altona und Umgegend 195, aus Leipzig und Umgegend 70 Mitglieder der
sozialdemokratischen Partei ausgewiesen worden. Von diesen haben nach-
träglich die Erlaubniß zur Rückkehr erhalten: nach Berlin 6, nach Ham-
burg 7, nach Leipzig 4.