84 das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 15—20.)
alle Arbeiter. Eine fernere Vorlage beantragt mehrfache Zoll-
erhöhungen.
15. April. (Bayern.) II. Kammer: erledigt den Militär-
etat mit geringen Änderungen, beharrt dagegen gegen die I. Kammer
auf der Verweigerung aller Kredite für Kasernbauten.
— April. (Preußen.) Der Widerstand der Handelskammern
gegen den Erlaß des Reichskanzlers als preuß. Handelsministers
v. 30. Nov. v. J. hält an und die Zahl der Handelskammern,
welche die Einsendung ihrer Jahresberichte vor deren Veröffentlichung
verweigern, nimmt zu. Der Konflikt erregt vielfach Mißstimmung:
man befürchtet eine allmähliche Beseitigung der bewährten Ein-
richtung der Handelskammern, womit der Reichskanzler droht.
18. April. (Bayern.) I. Kammer: lehnt den Beschluß der
ultramontanen Mehrheit der II. Kammer vom 8. März bez. der
Tegernseer Erklärung ihrerseits mit 36 gegen 12 Stimmen ab.
Fürst Löwenstein gibt gegen den Beschluß folgende „Erklärung“ ab:
„Ich erkläre, daß ich den von mir geleisteten Verfassungseid nur im
Sinne des in der Tegernseer Erklärung gewährten Vorbehaltes geschworen
habe, und daher nur insoweit die Verfassung beobachten und den Gesetzen
Gehorsam leisten kann und werde, als dieselben nicht den göttlichen Gesetzen
oder den Satzungen der katholischen Kirche entgegen sind."
19. April. (Baden.) lII. Kammer: genehmigt ein Brannt-
weinsteuergesetz mit Erleichterung für den Kleinbrenner und Er-
höhung für den Sprithändler fast einstimmig; und ebenso definitiv
die vorgeschlagene Dotation von 350.000 Mark für die katholische Kirche,
von 8.000 Mark für die Altkatholiken, von 400.000 Mark für die Prote-
stanten und von 12.000 für den itsraelitischen Kultus.
Der Beschluß geht also dahin, daß unter dem Vorbehalt, aber für
die Dauer des zwischen Staat und Kirche bestehenden friedlichen Verhält-
nisses nicht eingeforderten Gehorsamreverses die aus Staatsmitteln festgesetzte
Aufbesserung gering besoldeter Kirchendiener sich auch auf die katholischen
Geistlichen erstreckt. Die ullramontane Partei stimmt, nachdem sie ihre Ab-
neigung gegen die beschränkende Klausel des Reverses in ruhiger Weise be-
gründet hatte, einstimmig mit der nationalliberalen für die Vorlage, ebenso
die konservative; nur die Demokraten halten ihren grundsätzlichen Stand-
punkt gegen kirchliche Staatsdotationen konsequent fest. Nachdem diese heikle
Angelegenheit in allgemein befriedigender Weise gelöst ist, kann der Kultur-
kampf in Baden endgiltig als abgeschlossen betrachtet werden.
20. April. (Hamburg.) Der russische Geschäftsträger in
Hamburg beschwert sich beim Senat über einen seiner Sekretäre,
Dr. Julius Eckardt, wegen seiner Publikationen über russische Zu-
stände. Der Senat verlangt von demselben, daß er seine Veröffent-
lichungen über Rußland einstelle. Er verweigert es, legt seine Stelle