Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

114 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 12—15.) 
Preußen das Bedürfnis, daß diese Sache aus der Welt geschafft wird. — 
Es sind außerdem noch die Ihnen bekannten Bedürfnisse des Königs von 
Preußen, seine Beamten auf diejenige Stellung im Gehalt zu bringen, die 
unter Vortritt der Reichseinrichtungen den Richtern bewilligt worden sind. 
Es besteht dabei eine Ungleichheit, die zu Unzufriedenheiten Anlaß gibt, 
und diese wird ausgeglichen werden müssen entweder durch eine Steigerung 
der Gehälter der übrigen Beamten oder durch Herabsetzung der jetzigen 
Richtergehälter. Dasselbe findet statt in Bezug auf die Ungleichheit der 
Verstempelung des mobilen und immobilen Vermögens. Ihnen ist bekannt, 
und das Gravamen ist schon öfter vorgebracht, daß der Stempel der Im- 
mobilien ein ganz maßlos hoher ist, ebenfalls ganz ohne Rücksicht auf die 
Belastung eines Grundstücks mit Schulden; wenn es für 80.000 Thaler 
verkauft wird, und es sind 80.000 Thaler Schulden darauf, so muß es doch 
seine 800 Thaler Stempel zahlen, und das vermehrt die Not des in Kon- 
kurs befindlichen oder sonstigen Besitzers. Es handelt sich ja auch nicht 
immer um Grundstücke von 80.000 Thaler, sondern auch um kleinere. Jede 
Verpachtung wird in der ungerechten Weise verstempelt, daß z. B. bei einer 
30jährigen Verpachtung die ganze Summe zusammengezählt wird, die der 
Pächter in 30 Jahren zu zahlen haben wird, und daß diese sofort am Tage 
des Abschlusses der Verpachtung verstempelt werden muß, als wenn sie heute 
gezahlt würde. Tritt inzwischen in der Person des Pächters eine Änderung 
ein oder löst sich durch Konkurs oder sonst vor Ablauf der 30 Jahre dieser 
Kontrakt, so wird der zu Unrecht verstempelte Teil, und wenn der Vertrag 
auch noch 23 Jahre liefe, nicht zurückgezahlt, sondern der neue Pachtvertrag 
muß wieder neu und voll verstempelt werden, und so kann man in die Lage 
kommen, bei einer längeren Pachtdauer drei-, viermal dieselbe Summe für 
dasselbe Geschäft zu verstempeln. Schon eine bloße Änderung. der Firma, 
daß ein Associé ausschied hat mich in die Lage gebracht, einen neuen Pacht- 
vertrag abschließen zu sollen; ich habe mich dagegen mit Erfolg gewehrt, 
aber doch nur in verschiedenen Instanzen. Dadurch wird die Existenz aller 
Pächter unbillig beschwert. — Wenn ich alle diese Gravamina, die der 
König von Preußen für seine Unterthanen beim Reich anbringt und für die 
er Deckung verlangt, hier eimmal aufzählte, so habe ich damit nur das Be- 
dürfnis, Ihnen die Größe der Not, in der der preußische Steuerzahler sich 
befindet. zu schildern. Keineswegs verbinde ich damit die Hoffnung, daß 
der gesamte Bedarf dieser Summe nun mit einer Bewilligung gedeckt wer- 
den könnte. Aber ich glaube, wir müssen doch ein Ziel anerkennen, nach 
dem gestrebt werden muß, dem man allmählich sich zu nähern sucht. Wir 
müssen wenigstens den guten Willen betätigen, der Prüfung dieser Sache 
näher zu treten, sie nicht zu scheuen und nicht unter dem Vorwande, daß 
Witterung und Parallelsitzungen uns daran verhindern, uns die Prüfung 
der Not unserer Mitbürger zu versagen. Dieses Bedürfnis zur Anerkennung 
zu bringen, war unsere Hoffnung als wir das Verwendungsgesetz dem 
preußischen Landtage vorlegten. Dieser Landtag hat unsere Hoffnung ge- 
täuscht, und wenn ich dazu nehme, daß auch mehrere der verbündeten Re- 
gierungen ihrerseits ein Bedürfnis zur Steigerung des Landeseinkommens 
aus Reichsquellen nicht empfinden, indem sie das Monopol abgelehnt haben, 
ohne einen anderen Vorschlag oder auch nur die Neigung auszusprechen, 
auf anderen Wegen zur Beschaffung der Mittel die Hand zu bieten, wenn 
ich dazu nehme, daß der Bericht Ihrer Kommission das Bedürfnis geradezu 
bestreitet und, ganz abgesehen von der Resolution Lingens, die sich in 
schroffen Gegensatz zu der königlichen Botschaft vom 17. November 1881 
stellt und das Reich als bedürfnislos bezeichnet und seine Glieder. — wenn 
ich sehe, daß auch das Gutachten der Kommission dahin vorläufig sich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.