Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 12—15.) 133
Beratung und Beschlußfassung von Gesetzen seit dem Jahre 1867 in der
Tat geleistet haben. — Wenn ich denn an die Verwickelungen denke, die
in den letzten Jahren bestanden haben, und noch einmal auf das zurück-
weise, was ich vorher über die Notwendigkeit einer anders gearteten vor-
bereitenden Prüfung von Reformen in Preußen gesagt habe, da komme ich
zu dem Schluß, es wäre doch auf diesem Gebiete eine Ruhe für einige Jahre
ein wahrer Segen für Regierung und für Abgeordnete nicht bloß, nein,
auch für die Bevölkerung, auf welche die neuen Gesetze wohltätig einwirken
sollen. — Diese Ruhe einiger Jahre und eine bessere, sorgfältigere Prüfung
auf dem Gebiete der finanzpolitischen Aufgaben. — das wäre ein wahrer
Segen, und würde in Deutschland nach der Auffassung, wie ich sie wenig-
stens aus den verschiedensten Teilen von Deutschland oft gehört habe, die
größte Befriedigung hervorrufen. M. H.H, der Herr Reichskanzler braucht
um deswillen seine große schöpferische Tätigkeit noch keineswegs überhaupt
einzustellen, wenn er sich gerade auf dem Gebiete finanzpolitischer Projekte
nach den Erfahrungen, die er in den letzten Jahren gemacht hat, und nach
den ungewöhnlichen Schwierigkeiten, die hier hervorgetreten sind, einmal
einige Jahre Ruhe gönnt. — M. H.H., der jetzige Reichstag hat in mancher
Hinsicht Aufgaben ganz bestimmter Art zugewiesen bekommen, die nur er-
schwert und gekreuzt werden, wenn man sie in Zusammenhang bringt mit
finanzpolitischen Erörterungen, welche auf einen großen Widerstand stoßen
und die Gereiztheit und Uneinigkeit nur erhöhen würden aus anderen Ge-
bieten, wo vielleicht eine unbefangenere Arbeit und ein erfolgreiches Zu-
sammenwirken leichter Aussicht hat, einzutreten. — Der vorige Reichs-
tag, der übrigens aber gar nicht so ganz unschöpferisch war, am aller-
wenigsten im Sinne der Majorität, hat den großen Abschluß gebracht der
Zoll- und Steuergesetzgebung, er hat dem Staate die sicheren Mittel von
neuem in die Hand gegeben hinsichtlich der Niederhaltung gemeingefährlicher
sozialistischer Bewegungen, er hat drittens dem Reiche die Mittel gewährt
und die Ordnung geschaffen, welche es ermöglichen, daß nach einer Aus-
führung von wenigen Jahren, falls das Unglück noch einmal über uns
kommen sollte, daß wir zum Kriege aufgefordert werden, unsere Feldarmee
in einer um 200.000 Mann erhöhten Stärke ausrücken kann. Das hat,
um nur einzelnes hervorzuheben, der vorige Reichstag unter Verhältnissen,
welche man auch schon als ungünstige schildert, doch noch geleistet. —
Ich erwähnte das Sozialistengesetz und da sage ich, wenn der vorige Reichs-
tag das Sozialistengesetz, also die Maßregeln zur Niederhaltung drohender
revolutionärer sozialistischer Bewegungen wiederum der Regierung gewährt
hat bis zum Jahre 1884, so wird es vor allen Dingen eine Aufgabe des
jetzigen Reichstages sein, wenn irgend möglich nicht an den Schluß der
Legislaturperiode zu gelangen, ohne daß er, was doch so oft in Aussicht
gestellt ist, auch gegenüber solchen Zwangsmaßregeln, die als notwendig sich
herausgestellt haben, endlich positiv etwas tut zur Erfüllung sozial-politi-
scher Forderungen, soweit dieselben wirklich als berechtigt sich durchgearbeitet
haben. Wenn man einige Jahre auf die finanzpolitischen Projekte verzichtet
und gerade die Legislaturperiode dieser Zeit für bedeutende sozialpolitische
Aufgaben in Anspruch nimmt, wozu der Anfang ja auch schon gemacht ist,
so glaube ich, ist es vielleicht leichter in einer Lage, die nicht dringender
sein kann, einen Abschluß zu erreichen, als wenn man uns gleichzeitig be-
lastet mit der schweren Arbeit unfertiger, bedenklicher finanzpolitischer Ent-
würfe. Meine Herren, im vorigen Jahre sind uns sozialpolitische Gesetze
vorgelegt worden und auch jetzt wieder. Daß hier die Aufgabe eine schwer zu
lösende ist, haben Sie gesehen. Denn nachdem uns das Unfallversicherungs-
gesetz im vorigen Jahre vorgelegt worden ist, und die offiziöse Presse nur