Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

178 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Okt. 1.) 
Reichskanzler seinerseits den Engländern in Ägypten zunächst freie 
Hand gelassen hat und ihnen zunächst keinerlei Schwierigkeiten in 
den Weg zu legen gemeint ist. Frankreich und Rußland sind da- 
gegen in einer ganz anderen Lage: Frankreich sieht dem entschlossenen 
Vorgehen Englands, obgleich es ja selbst es so gewollt hat, mit ver- 
haltenem Grimme zu und Rußland denkt an Kompensationen irgend 
welcher Art. Inzwischen nimmt man allgemein an, daß eine An- 
näherung Englands an das österreichisch-deutsche Bündnis statt- 
gefunden habe und Zukunftspolitiker sehen darin bereits den Keim 
einer spätern Quadrupel-Friedensallianz zwischen Deutschland, Öster- 
reich-Ungarn, Italien und England. Die Freundschaft des Sultans 
für Deutschland ist freilich einigermaßen erkaltet. 
1. Oktober. (Deutsches Reich.) Mit diesem Tage tritt die 
vom Bundesrat vereinbarte Verordnung betr. Begünstigung der aus 
dem Militär mit Berechtigungsschein austretenden Offiziere und 
Unteroffiziere bei Besetzung der Subaltern- und anderen Beamten- 
stellen in allen deutschen Staaten in Kraft. Die Verordnung muß 
dahin führen, daß viele Bureaux allmählich ausschließlich oder doch 
fast ausschließlich aus gew. Militärs bestehen werden. (Vergl. 
11. Sept.) 
1. Oktober. (Preußen.) Der bisherige Hilfsarbeiter im 
Ministerium des Innern, Landrat von Bitter, wird zum vortragen- 
den Rat in demselben und zum Geh. Reg.-Rat befördert und über- 
nimmt das gesamte frühere Dezernat des zurückgetretenen Geheimen 
Reg.-Rats Hahn, die Leitung der offiziösen Presse. Diese soll zu- 
gleich einer Reorganisation unterzogen werden, zu welchem Behufe 
einer Reihe von Blältern die ihnen bisher von der Regierung ge- 
währten, zum Teil sehr starken, Subventionen auf diesen Tag ge- 
kündigt worden sind. 
1. Oktober. (Preußen.) Ein Parteitag der Liberalen (Secess., 
Nat.-Lib. und rechter Flügel der Fortschrittspartei) in Gotha erklärt 
sich nach einer eindringlichen Rede Hänel's für eine Verständigung 
und ein Zusammengehen der verschiedenen liberalen Fraktionen bei 
den bevorstehenden preußischen Landtagswahlen 
und für einen engeren Zusammenschluß der liberalen Gruppen über- 
haupt „gegenüber den Angriffen der konservativen, ultramontanen und sog. 
demokratischen Parteien auf die liberalen Grundlagen der Staats- und Ge- 
sellschaftsordnung.“ In der Debatte polemisiert Hänel lebhaft gegen die 
seiner Tendenz entgegengesetzten Bestrebungen des linken Flügels seiner 
eigenen Partei (Eug. Richter) und gegen die von den Nationalliberalen an-
	        
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