188 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Okt. 26.)
nach also 136 Sitze in Anspruch. Schließlich verbleiben 2 Dänen. Was
nun die möglichen Mehrheitskombinationen angeht, so kann die Linke allein
keine Mehrheit bilden, ebensowenig die Rechte. Nach wie vor aber können
Konservative und Zentrum, jetzt sogar ohne den Hinzutritt der Polen, und
andererseits Konservative, Freikonservative und Nationakliberale eine Mehr-
heit stellen, braucht sogar nur die kleinere Hälfte der Nationalliberalen
mit 30 zu den beiden Parteien der Rechten sich zuzugesellen, um eine abso-
lute Majorität zu bilden. Bemerkenswert ist es, daß das gouvernementale
Blatt die „Nordd. Allg. Ztg.“ sofort wenigstens von der Möglichkeit einer
Mehrheit der Konservativen und eines Teils der Nationalliberalen spricht,
indem sie in einem ihrer Leitartikel streng mit der „wüsten Agitation“ der
Forschrittspartei, besonders Richters, ins Gericht geht und dahin schließt:
„Wenn nun alle diese Momente zusammengehalten werden, so wird sich sehr
leicht ergeben, daß für alle Diejenigen, die ernsthaft wollen, daß das Volk
nach eigenem Ermessen an den politischen Geschäften der Landes in den
Wahlen Teil nehme, namenllich also für die Gemäßigten und Konservativen,
sich aus der vom Fortschrittt selbst geschaffenen Sachlage politische Folge-
rungen ergeben, auf welche einzugehen in der nächsten Zeit unsere Aufgabe
sein soll.“ Die freikonservative „Post“ redet direkt einer konservativ-natio-
nalliberalen Koalitionsmehrheit das Wort.
Die einzelnen Provinzen bieten ein sehr verschiedenes Bild der vor-
gegangenen Veränderungen. In Ostpreußen hat der Fortschritt 10, die
Sezession 1 Sitz verloren, davon fielen 9 an die Konservativen, je 1 an
Nationalliberale und Freikonservative. Nur Königsberg allein hat zwei
fortschrittliche Vertreter und einen Sezessionisten, sonst stellt die Provinz 21
Konservative, 3 Freikonservative, 1 Klerikale und 1 Nationalliberalen. —
In Westpreußen verlor der Fortschritt 1 Sitz (Grandenz). Er und die
Sezessionisten behielten im Übrigen ihre Plätze in Elbing und Danzig, so
daß diese Provinz 3 Fortschrittler und 2 Sezessionisten stellt; ferner be-
hielten die Nationalliberalen dort ihre 4 Sitze; die Freikonservativen ver-
loren 2, gewannen 1 und behalten 7. Die Konservativen gewannen 1 und
stellen sich also auf 3. Die Polen verloren und gewannen 1 Sitz, behalten
also 4, und endlich gewannen die Klerikalen in Konitz-Tuchel 1 Sitz. — In
Brandenburg verlor der Fortschritt die beiden außerhalb Berlins innege-
habten Sitze (Potsdam und Osthavelland), behielt also nur seine 9 Sitze in
Berlin. Die Sezessionisten gewannen einen Sitz in Frankfurt a. O. von
den Nationalliberalen, erscheinen also mit 2 Mandaten. Das andere inne-
gehabte Mandat verloren die Nationalliberalen in Königsberg N.-M. an
die Konservativen. Letztere erhalten dadurch 27 Mandate und die Freikon-
servativen 7 Mandate; ein konservatives Mandat ging in Ober- und Nieder-
Barnim an einen Freikonservativen über. Pommern behielt seinen einen
Sezessionisten in Stettin, in Rummelsburg-Schlawe verblieb ein Freikonser-
vativer neben einem Konservativen, das bisherige freikonservative Mandat
in Stralsund ging an einen Konservativen über, der umgekehrte Wechsel
vollzog sich in Greifswald- Grimmen. Diese Provinz stellt also 1 Sezessio-
nisten, 2 freikonservative, 2 konservative Vertreter. In Posen verloren
die Polen ein Mandat in Schubin- Inowrazlaw, das einem Freikonservativen
zufiel, kamen somit von 15 auf 14 Mandate. Die Natkionalliberalen ver-
loren in Samter und Fraustadt je ein Mandat an den Fortschritt, letzterer
behielt das alte in Posen und slellt sich damit auf drei. Den National-
liberalen blieb nach diesen Verlusten nur ein Mandat in Schubin. Außer-
dem gewannen die Konservativen in Fraustadt ein Mandat von den
Freikonservativen und stellen sich auf 7, die Freikonservativen glichen
ihren Verlust in Kröben mit dem Gewinn in Schubin aus, blieben also