Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

246 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dez. 21.) 
ments eine mit 30 Mark beginnende und bis zu 500 Mark steigende jährliche Ge- 
bühr zu entrichten sein soll. Des Ferneren wird vorgeschlagen, auf alle im 
Reich zur Konsumtion gelangenden Tabakfabrikate einen nach ihrem Ver- 
kaufspreise (inklusive des Stempels) steigenden Stempel (etwa in Form von 
Banderolen) zu legen und zwar würde derselbe schwanken bei inländischem 
Fabritat: a) bei Zigarren von 5—100 Mark per Mille, b) bei Zigaretten von 
5—10 Mark per Mille, c) bei Rauchtabak von 10— 24 Pfennig per Pfd., d) bei 
Schnupftabak durchgängig 10 Pfennig. per Pfd., c) bei Kautabak von 25-40 Pfennig 
per Pfd. Tabakfabrikate ausländischen Fabrikats sollen denselben Stempel 
tragen wie die gleichwertigen inländischen Fabrikate, und überdies mit einem 
Importstempel belegt werden, während alle zum Export ins Ausland ge- 
langenden deutschen Erzeugnisse nur einen Fabrikationsstempel tragen sollen, 
der bei Zigarren mit 1 Mark per Mille, bei Zigaretten 50 Pfennig per Mille, bei 
Rauchtabak 1 Pfennig per Pfd., bei Schnupftabak 1 Pfennig per Pfd., bei Kautabak 5 Pfennig 
per Pfd. vorgesehen ist. Alle Surrogate des Tabaks würden Tabak voll- 
kommen gleichgeachtet werden, Transitgüter von jeder Belastung gänzlich be- 
freit bleiben. Die Steuertechnik zur Erhebung und zur Kontrolle der vor- 
geschlagenen Vesteuerung würde auf einem Kontierungssystem, resp. auf 
Kontrolllisten beruhen, für welche, nach Art des Stempels bei der Waaren- 
statistik, Stempelmarken von 1/3 Prozent des Betrages der Ausstellung zu 
verwenden sein würden; die dadurch erwachsende Staatseinnahme soll hin- 
reichen, um die Perzeptions- und die Verwaltungskosten der angeregten Be- 
steuerungsform zu decken.“ 
Trotz der detaillierten Angaben soll der neue Steuerplan des Reichs- 
kanzlers noch keineswegs schon feststehen und es auch ganz unwahrscheinlich 
sein, daß derselbe bereits in nächster Zeit, etwa in der laufenden Session, 
dem Reichstag werde vorgelegt werden. Immerhin erregt derselbe großes 
Aufsehen, da er der vom Reichstag in seiner weit überwiegenden Mehrheit 
erhobenen Forderung widerspricht, daß das Tabakgewerbe für einige Zeit 
möge in Ruhe gelassen werden. Selbst gemäßigte Blätter erklären sich von 
dem Plane im höchsten Grade überrascht. „Denn — meinen sie — „ergiebig“ 
bis zur Höhe von 90 Millionen und „entwicklungsfähig“ bis zum Monopol 
hatte man sich die neue Tabaksteuer doch kaum vorgestellt. welche jetzt nach russi- 
schem Muster proponiert wird. Der „Brückenzoll“, den die „Berl. Polit. 
Nachr.“ in Aussicht stellen, trägt schon fast den Charakter eines Prohibitiv- 
zolles, der den geängstigten Wanderer wohl in die Fluten des Monopols 
hineinzwingen könnte. Es ist im Reichstag viel geredet worden über die 
Resolution, welche für den Tabak einige Schonzeit erbat; wer an den Er- 
folg dieser Resolution geglaubt hat, wird jetzt schon gründlich enttäuscht sein. 
Da der preußische Finanzminister im preußischen Landtage in gleicher Weise 
eine Konsumsteuer auf geistige Getränke angekündigt hat, so darf man darauf 
gespannt sein, ob diese zweite Vorlage in demselben großen Style ent- 
worfen wird.“ Selbst die konservativen Blätter nehmen den Plan vorerst 
mehr als kühl auf. 
21. Dezember. (Mecklenburg.) Schluß des Landtags durch 
Verlesung der Abschiede beider Großherzoge. Die Bewilligungen, 
welche für neue Eisenbahnen gemacht wurden, betragen im Ganzen 
in runder Summe 3 Mill. Mark, abgesehen von 625.000 Mark, die 
zum Ausbau des Wernemünder Hafens für die Herstellung der 
Verkehrslinie Berlin-Rostock-Kopenhagen bewilligt wurden. 
21. Dezember. (Hessen.) Die Delegierten-Versammlung des 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.