254 Die österrtichisch-Ungarische Monatchie. (Jan. 19 -23.)
1869 mit seinen gräuelvollen Details und seinem überraschenden und für
jeden Österreicher verlehenden und beschämenden Abschlusse durch den Frieden
Zu Kuczlac ist noch lebhaft in der Erinnerung. Schon damals erwies sich
Montenegro als ein für Österreich unübersteigliches Hindernis. Eben das-
selbe ist jetzt wieder der Fall. Ein Teil der öffentlichen Meinung in Oster-
reich sordert daher geradezu ein energisches Vorgehen wider Montenegro.
„Eine Schonung Montenegro's, meint sie, ist in keiner Weise angezeigt; da
dieses seine Ansprüche auf den Cattarefer Bezirk und auf den am linken
Narenta-User gelegenen Teil der Herzegowina gutwillig niemals aufgeben
und den Brigantaggio jenseits der Grenzen daher so lange unterstützen wird,
bis es nicht eine eremplarische Züchtigung empfangen und die Wucht der
österreichischen Wassen empfunden haben wird. Auch eine Schonnug der
Insurgenten wäre nicht am Platze, da sie höchstens als Schwäche ausgelegt
werden würde. Endlich müßte man Straßen und Wege bauen und Vor-
kehrungen treffen für die Anlage einer gegen alle Eventualikäten gesicherlen
Kriegs basis. Die Stadt Cattaro liegt so exponiert, daß sie jeden Angenblick
einer überrumplung durch die Wontenegriner ausgesetzt ist.“ Die Regierung
ist jedoch nicht dieser Ansicht. Sie will vielmehr die Schwierigkeit möglichst
lokalisieren und auswärtige Verwickelungen nach Kräften vermeiden, gerade
dazu aber hält sie eine imposante Heeresmacht für unerläßlich.
In Bosnien haben sich bieher 27/: Infanterie-Divisionen (Serajewo
und Banjaluka) mit zusammen 36 Bataillonen, in der Herzegowina drei
Gebirgs brigaden mit 13 Bataillonen und in Dalmatien eine Brigade mit
7 Bataillonen befunden. Die Gesamtzahl dieser Truppen belies sich somit
auf 56 Bataillone. Seit dem Beginne des Aufstandes sind unn bis zum
heutigen Tage mehr als 26 Bataillone Infanterie und Jäger nach diesen
Provinzen entsendet worden oder dahin im Marsche begriffen, so daß die
Gesamtzahl der in Bosnien, der Herzegowina und Dalmatien befindlichen
Streitmacht sich auf 82 Bataillone oder etwa 35,000 Mann erhebt, von
denen etwa 40 Bataillone oder 18,000 Mann auf dem eigentlichen Schau-
platze der Insurrektion, nämlich in Süddalmatien und der Herzegowina,
stehen werden. Mit diesen Truppen glaubl man vorläufig auszureichen.
19. Jan. (Böhmen.) Der verfassungstreue Teil des böhmi-
schen Großgrundbesitzes, der unter der Führung des Fürsten Carlos
Auersperg steht und bisher die Majorilät im böhmischen Großgrund-
besitze ausmachte, beschließt, den verhängnisvollen Kompromiß von
1879, der die jetzigen Parteiverhältnisse im Abg.-Hause des Reichs-
rats und das Übergewicht der Rechten allein ermöglicht hat, nicht zu
erneuern. Die Folgen des damaligen Schrittes lassen sich aber nicht
mehr verwischen. Die Negierung Taaffe bemühl sich vielmehr, die
Majorität des Körpers nach und nach auf ihre Seite zu ziehen,
was ihr auch gelingt.
20. Jan. (Österreich.) Gestützt auf ein kaiserl. Handschreiben
v. 12. Nov. v. J. und auf den Antrag des (polnischen) Finanzmini-
sters Dunajewski fetzt die Regierung eine „Kommission zur Prüfung
der gegenwärtigen Verwaltungseinrichtungen behufs Einführung von
Vereinfachungen und Erzielung der thunlichsten Ersparungen im