Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

XXX Allgemeine Chronik. 
30. Okt. [Norwegen.] Die Neuwahlen zum Storthing fallen zu ungunsten 
der Krone aus: die bäuerlich-demokratische Oppositionspartei behauptet 
nicht nur ihr Übergewicht, sondern geht aus denselben sogar noch ver- 
stärkt hervor. 
1. Nov. [Frankreich und England — Ägypten.] Der französische General- 
kontrolleur verlangt, seine frühere Stellung in der ägyptischen Re- 
gierung wieder einzunehmen, d. h. also die Wiederherstellung des 
früheren Kondominats Frankreichs mit England. England und die 
ägyptische Regierung lehnen das französische Begehren ab. Ägypten 
ist für Frankreich definitiv verloren. 
2. „ [England.] Gladstone erklärt dem Parlament, daß zwar die Kosten 
der ägyptischen Expedition vom brittischen Staatsschatz getragen wor- 
den seien, daß dagegen die weileren Okkupationskosten Ägypten zur 
Last fallen müssen, worüber aber eine Konvention noch nicht abge- 
schlossen worden sei. 
3. „ [Deutsches Reich.] Der Reichskanzler beantragt beim Bundes- 
rat ein totales Verbot der Einfuhr von Schweinefleisch, Speck etc. 
aus den Verein. Staaten, angeblich wegen der Trichinengefahr. 
4. „ [Deutsches Reich: Hessen.] Die kath. Geistlichkeit der Diözese 
Mainz verlangt vom Großherzog die Aufhebung der kirchenpolitischen 
Gesetze von 1875, da „Gewissen und Priestereid“ ihr nicht gestattet 
hätten und auch jetzt nicht gestatteten, dieselben als verbindlich für 
sie anzuerkennen, weshalb zahlreiche Pfarreien der Seelsorge ent- 
ehrten 
7. „ [Pforte — Frankreich.] Die Pforte nimmt es als ihr Recht in 
Anspruch, dem neuen Bey von Tunis die Investikur zu erteilen, 
Frankreich gestaltet es jedoch nicht: der Sultan hat auch noch den 
letzten Rest seiner Souveränität über Tunis verloren. 
„ „ [Vereinigte Staaten.] Die Oktober= und Novemberwahlen gestalten 
sich zu einem gewaltigen Siege der demokratischen und zu einer ent- 
schiedenen Niederlage der bisher herrschenden sog. republikanischen 
Partei: der Kongreß wird vom künftigen Jahr in seiner Mehrheit 
demokratisch, die Regierung dagegen vorerst noch republikanisch sein. 
9. „ [Frankreich.] Die Kammern treten wieder zusammen, um in erster 
Linie das Budget für 1883 festzustellen. Die Regierung beharrt 
darauf, vorerst noch auf die Hilfe der großen Bahngesellschaften zu 
verzichten. Dadurch wird aber die Fortführung der großen Staats- 
eisenbahnbauten, nach dem Programm Freycinets, in Frage gestellt. 
10. [Deutsches Reich.] Die Vereine zum Schutz des Handwerks 
stellen in Petitionen an den Reichskanzler mit mehr als 100.000 
Unterschriften eine Reihe von Forderungen, worunter namentlich 
auch obligatorische Innungen und Befähigungsnachweis. 
„ „ [ Österreich-Ungarn: Österreich.] Die ullramontane Fraktion des 
Reichsrats fängt an, ungeduldig zu werden, daß die Schulgesetz- 
novelle, die ihren Wünschen entspricht, seit Aufang des Jahres im 
Herrenhause ruht, und droht der Regierung. Die Regierung beeilt 
sich, auch ihr zu entsprechen. 
 
 
12. „ [Frankreich — Italien.] verständigen sich darüber, ihre seit dem Zwie- 
spalt wegen Tunis unbesetzt gebliebenen Gesandtschaftsposten in Paris 
und Rom doch wieder zu besetzen. 
13. „ [Deutsches Reich: Preußen.] Die „Germania" verlangt neuer- 
dings als Ultimatum von der Regierung eine Revision der Maigesetze
	        
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