264 Die Oseerreichisch-Augarische Monarchie. (Febr. 15—18.)
15. Februar. (Kärnthen.) Die in Klagenfurt versammelten
Bürgermeister der flovenischen und deutsch-slovenischen Gemeinden
der Bezirkshauptmannschaft weisen den von Krain aus gemachten
Versuch, den Unterrichtsminister zu einer Verordnung zu veranlassen,
wonach die deutsche Sprache in den Volksschulen slovenischer Ge-
meinden Kärnthens für die 5 ersten Jahre ganz beseitigt und für
die 3 letzten nur als Lehrgegenstand, aber nicht als Unterrichts-
sprache, belassen würde, „mit Entrüstung“ als eine „unbesugte Ein-
mischung und Störung des Landfriedens“ einstimmig zurück.
16. Februar. Conférence à quatre — Österreich-Ungarn,
Pforte, Serbien und Bulgarien — in Wien. Die Pforte willigt
endlich prinzipiell in den Anschluß an die Eisenbahn nach Salonichi
ein und sagt auch den gleichzeitigen Bau der nach Konstantinopel
zu führenden Vahn zu, erhebt aber nach ihrer Gewohnheit über die
Detailbestimmungen (Anschlußpunkte) neue Schwierigkeiten und Zö-
gerungen, so daß die für Österreich-Ungarn so wichtige Frage einer
zusammenhängenden Linie nach Konstantinopel bis zu Ende des Jah-
res doch noch unerledigt bleibt.
17. Februar. (Ungarn.) Unterhaus: lehnt einen gegen die
Deutschen, namentlich in Pest, gerichteten Antrag Szalay's von der
äußersten Linken, die in fremden Sprachen verfaßten Firmatafeln
mit einer jährlichen Stener von 100 fl. zu belegen, mit großer
Mehrheit ab.
18. Februnar. (Ungarn.) Unterhaus: lehnt einen Antrag
des bekannten leidenschaftlichen Antisemiten Istoczy, die Emanzipa-
tion der Juden wieder aufzuheben, nach einer energischen Rede des
Ministerpräsidenten Tisza mit allen gegen bloß 3 oder 4 Stim-
men ab.
oczy (der vor Erregung zittert und sich den Schweiß abwischt,
mit vick Stimme): Man nennt unser Jahrhundert das Jahrhundert
der Humanität, während doch nur die Juden der Humanitaät teilhaftig ge-
worden sind, unser von Juden zum Bieh erniedrigtes Volk aber von dieser
Humanität ausgeschlossen ist. Man darf einem Juden nicht einmal auf die
Hühnerangen treten, ohne daß in ganz Europa ein Wehklagen entsteht.
(Schallendes Gelächter im ganzen Hause.) Durch die Praktiken der Juden
wurden Hunderttausende unserer Mitbürger an den Bettelstab gebracht und
zur Auswanderung genötigt. Sie dürfen unsere religiösen überzeugungen
verhöhnen, unsere nationalen Aspirationen verlachen, diese parasitenhafte
schachernde Horde. Doch der Stern Indas beginnt zu sinken.. Allein
soweit ich die Stimmung des Hauses kenne, ist das Schicksal dieser Vorlage
besiegelt; sie wird niemals Gesetz werden. Wir sind ja schon so weil, uns
selber emangipieren zu müssen; denn die Resultate der elehten Volkszählung
ergeben, daß die Juden bei uns während des letzten Dezenniums um mehr