Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

272 Vie ästerrtichisch-Ungarische Monarchie. (März 21—23.) 
beratung des neuen Zolltarifs hat, da er in feiner Mehrheit der 
Rechten angehört, dem Verlangen der Regierung entsprochen und 
die Vorlage nur in sehr untergeordneter Weise modifiziert. Nur 
in 6 Fällen wurde der Zollsatz erhöht, nur in 3 Fällen ermäßigt 
oder gang beseitigt. 
Die Agrarzölle, die Biehzölle, die meisten Finanzzölle, und die wich- 
tigsten Branchen der Industriezölle (z. B. Leder, Glas, Thonwaaren, Chemi- 
kalien 2c.), bezüglich welcher die Verlinbarnengen zwischen der österreichischen 
und ungarischen Regierung teilweise sehr schwierig waren, so schwierig, daß 
das Nesultat der Verhandlungen ein unantastbares Kompromiß bildet, hat 
der Ausschuß unverändert angenommen; er hat geglaubt, untergeordnete Be- 
denken fallen lassen zu müssen, um nicht die ganze Vereinbarung zu Fall 
zu bringen und also die ganze Tarifreform unmöglich zu machen. Die 
Anderungen, welche er gleichwohl beschlossen. sind nicht so einschneidender 
Natur, daß sie nicht nachträglich auf die Zustimmung beider Regierungen 
sollten hoffen dürfen. 
21. März. (Österreich.) In Wien gestaltet sich eine Ver- 
sammlung von Kleingewerbetreibenden, welche einberufen war, um 
eine Resolution zu Gunsten des allgem. direkten Wahlrechtes zu 
fassen, und an der auch der Abg. v. Schönerer sich durch eine leiden- 
schaftliche Rede beteiligt, schließlich zu einer regelrechten Antisemiten= 
hete und artet in ein förmliches Handgemenge aus, so daß der 
Regierungsvertreter genötigt ist, sie aufgulösen. 
23. März. (Österreich.) Die slovenischen Reichsratsabge- 
ordneten haben ein detailliertes Sprachengesetz für Krain, Steier- 
mark, Kärnthen, Görz, Istrien und Triest, das die „Gleichberechti- 
gung“ der Slovenen in allen diesen Provinzen herstellen soll, ausge- 
arbeitet und übergeben dasselbe dem Obmanne der parlamentarischen 
Kommission. 
23. März. (Ungarn.) Unterhaus: genehmigt eine ihm von 
der Regierung vorgelegte Wehrgesetzuovelle nach mehrtägiger Debatte 
in namentlicher Abstimmung mit 191 gegen 113 Stimmen. 
Die Standpunkte der drei großen Parteien sind nach der sehr breiten 
Debakte folgende: Die liberale Partei accepliert die Vorlage, weil sie in den 
beantragten Anderungen Verbesserungen sicht. welche die pringipielle Grund- 
lage des bestehenden Gesetzes unberührt lassen. Die gemäßigte Opposition 
lehnt den Enlwurf ab, weil er auf Wünsche, die, wie Errichtung einer 
Offiziersakademie in Ungarn, Einführung des ungarischen Kommando's bei 
den aus Ungarn rekrulierten Truppen, Heranbildung von Honved-Offizieren 
s. w., — nach der Ansicht dieser Parkei — sich ganz gut mit dem 
Bestande der gemeinsamen Armee vertragen, keine Rücksicht nimmt, andrer- 
seits aber das Honved-Institut schädige. Die Unabhängigkeits sartei end- 
lich verlangt schon als Gebot des Tilels, den sie sich beigelegt, auch die 
unabhängige Armee, und wenn Ungarn selost darüber zu Grunde gehen 
müßte. Aus der Nede des Referenten ergibt sich, daß der Matrikelstand der
	        
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