Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

Die öslerttichisch-Augarische Ulonarchit. (April 15.) 279 
Renteuanleihe zu Bedeckung des Defigits doch wieder der Kredit- 
anstalt, also der Gruppe Rothschild, und zwar zu überaus günstigen 
Bedingungen, was sie allerdings der durch die Länderbank hervor- 
gerufenen Konkurrenz verdankt. Die offiziöse Presse weist denn auch 
nicht ohne Grund mit Befriedigung darauf hin. 
15. April. (OÖsterreich-Ungarn.) Die Delegationen treten 
in Wien zusammen. Die gemeinsame Regierung fordert von den- 
selben die Bewilligung eines weiteren Kredits im Betrage von 
23,733,000 Gulden für die aufständischen Provinzen. 
Die Regierungsvorlage motiviert die Forderung im wesentlichen 
solgendermaßen: Nachdem Mitte Februar die Bewegung im Okkupations= 
hebiete und in Süddalmatien an Intensität und räumlicher Ausdehnung 
zugenommen und schließlich Nordbosnien zu ergreifen gedroht hatte, waren 
die umfassendsten Maßnahmen unabweisbar. Die bis kherigen militärischen 
Aklionen ergaben nun das befriedigende Reiultat, daß die Insurrektion im 
großen und ganzen niedergeworfen ist und, in ihrer physischen und mora- 
lischen Kraft gebrochen, nunmehr den Charakter des Brigantaggio annahm. 
Zur wirksamen Bekämpfung desselben, zur Behauptung der erzielten Erfolge, 
zum Schutze der friedlichen Einwohner, zur Herstellung der noch immer ge- 
störten Ordnung und Sicherheit und zur Anbahnung einer dauernden Kon- 
solidierung ist die Belassung der dortigen Heereskeile auch für die nächsse 
Zukunft in der gegenwärtigen Stärke (von ca. 75,000 Mann) unerläßlich. 
überdieß ist Vorsorge für die gesicherte Unterkunft der Truppen und für 
die Verbindung der einzelnen Orte, für die Esklortierung der Kriegstraus- 
porte, die Sicherung der Verkehrslinien, die perstellung praktikabler Straßen 
und für die Ausführung der bereits in der früheren Vorlage betonten forti- 
fikatorischen Maßnahmen notwendig. Das Erfordernis bis Ende Oktober ist 
unter der Voraussezung berechnet, daß noch vor dem Beginn des Herbstes 
wenigstens eine teilweise Reduktion der Truppen möglich sein werde. 
In Ungarn erregt die Höhe der Forderung einen Sturm der Oppo- 
sition, obgleich an der Bewilligung derfelben zum voraus nicht gezweifelt 
wird. Aber auch in den beiden Delegationen ist die Stimmung keine sehr 
günstige, zumal man bereils davon spricht, daß die Regierung von denfelben 
im Herbst einen weileren Kredit von 30 Mill. G. behufs Anlegung von 
Befestigungen r2c. fordern werde, da in der jehigen Forderung nur ca. 6 Mill. 
„für Genie= und Bauwesen“ präliminiert sind. Außerdem aber tritt gegen- 
über so großen Anforderungen die Frage der Annexion stalt der bloßen 
Okkupation von Bosnien und der Herzegowing nachgerade energisch zutage. 
In der österr. Delegation deutet denn auch Schmerling schon in seiner Er- 
öffnungsrede sehr verständlich und unter lebhaftem Beisall darauf hin, in- 
dem er die Hoffnung ausspricht, „es werde gelingen, in einiger Zeit geord- 
nete Zustände einzuführen und den Moment vorzubereiten, wo diese Länder, 
wie es zweisellos der Fall. sein werde, in den Nahmen des Kaiserstaates ein- 
gefügt werden können. Die Delegation werde alle bezüglichen Bestrebungen 
unterstützen.“ 
Der Krieg selbst ist beendigt, der Aufstand ohne weitere europãische 
Verwickelung definitiv niedergeschlagen. Mililärisch wird die Lage folgender- 
maßen gezeichnet: Im Okkupationsgebiete und in Süddalmatien standen vor 
Begiun der Unruhen kaum 30,000 Mann. Gelegentlich der Mobilisierung 
wurde die Streitmacht in diesen Ländern auf 70,000 Mann erhöht. Wenn
	        
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