Die Ollerreichisch-Angarische Mlonarchie. (April 10—18.) 281
rechten Donau-lljer und erwirbt dafür die Linie im Waagthal, die an ihre
Hauptlinie Wien- Pest anschließt; den gesamten Verkehr aus dem Orient und
von der unteren Donau teilt sie mit den ungarischen Staatsbahnen, so daß
jede Konkurrenz ausgeschlossen erscheint; sie richtet eine selbsländige * Verwal-
tung ihrer ungarischen Linien ein und erhält die Konzession für 200 Kilo-
meler Lokalbahnen. Schließlich kaun der ungarische Staat vom Jahr 189
an alle Linien der Staatsbahn ablösen. Es läßt sich nicht leugnen, daß
das Abkommen vom Standpunkt des ungarischen Staatsinteresses geschickt
kombiniert ist, denn jelbst die Vorteile, welche dermalen der Stkaatsbahn-
gesellschaft zugestanden werden, kommen in nicht zu jerner Zeit schon dem
ungarischen Staat zu gute. Es ist dieses Abkommen aber auch als ein
Akt der ungarischen Orientpolitik aufzufassen, denn mit demselben erscheint
es nun besiegelt, daß alle Bahnen, die von der Balkan-Halbinsel gegen die
Donau gehen, in den Machtbereich des ungarischen Slaates fallen, mil Aus-
nahme etwa vielleicht einer bosnischen Bahnlinie. Somit hat also der unga-
rische Staat den Verkehrsweg Konstantinopel-Europa zu Lande in Händen
und kann den orientalischen Handel mit seinen Tarifsätzen beherrschen: Eng-
land und den übrigen Mächten Europas bleibt nur noch der Seeweg offen.
Diese Beherrschung aller Bahnlinien, die nach dem Goldenen Horn führen,
hat auch einen strategischen Werk, und wenn Ungarn (oder sein Genosse die
Staatsbahn) die serbischen Bahnen zu bauen unternimmt, so sichert es sich
dadurch einen bedeutenden Einfluß im Süden der Tonanz auf diese Art
läßt sich die Balkan-Halbinjel eher in die Machtsphäre der Monarchie ein-
beziehen als durch die Stellung, die dieselbe in Bosnien gingenommen und
die beständig allen Angriffen ausgesetzt bleiben wird. Weil das Abkommen
zischen Slaat und Staatsbahn ein hochpolitischer Alt ist von großer Trag-
weite für die oricntaliiche Politik der Monarchie, wird auch jeder Wider-
stand gegen dasselbe, der in Wien in den Kreisen der österreichischen Be
waltung der Staatsbahn versucht werden sollte, leicht gebrochen werden-
Die österreichische Regierung kann nichts gegen dasselbe einwenden, und die
gemeinsame Regierung muß es unterstützen, da damit die jerbische Eisenbahn=
frage ihre endliche Losuns findet.
16. April. (Österreich.) In Wien spricht sich eine zahl-
reich besuchte Arbeiter-Versammlung neuerdings energisch gegen die
von den Reichsratsabgg. Schönerer, Schöffel und Fürnkrang ver-
suchte Antisemitenbewegung aus. Für Wien wird diese Bewegung
damit als definitiv abgethan betrachtet.
16. April. (Ungarn.) Im Gegensatze gegen die Deutschen
der kleinen Städte Südungarns sprechen sich die Sachsen Sieben-
bürgens offen für den deutschen Schulverein aus, dessen Unterstützung
sie mit Dank annehmen, zugleich aber weisen sie alle Verdächtigun-
gen ihrer Treue gegen den ungarischen Staat lebhaft gurück.
18. April. (Ssterreich-Ungarn.) Der gemeinsame Kriegs-
minister Graf Vylandt macht den Delegationen die ersten Eröff-
nungen über die von der Regierung beabsichtigte Reorganisation
der Armee, durch welche aus den jetzt bestehenden 80 Infanterie-
Regimentern zu 5 Bataillonen deren 102 zu 4 Vataillonen for-
miert und zugleich die Territorial-Einteilung der Armee mit für