Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

288 Die öslerreichisch-Uungarische Uonarchit. (Mai 24.) 
ralen Elemente ohne Unterschied der Nationalitäten. Die „Verein. 
Linke“ erläßt dagegen einstimmig eine Resolution zu Rechtfertigung 
ihrer Bestrebungen und ihres bisherigen Vorgeheus. 
24. Mai. Ssterreich-Ungarn.) Graf Beust, der bisherige 
Votschafter Österr.-Ungarns in Paris, verlangt und erhält seine 
Entlassung und tritt in den Nuhesland. An seine Stelle tritt der 
bisherige Botschafter in Nom, Graf Wimpfen. 
24. Mai. (SÖsterreich.) Neichsrat: läßt seinen am 3. d. M. 
gefaßten Beschluß bez. der Getreidezölle mit 164 gegen 150 Stim- 
men sallen und tritt dem mit der Regierungsvorlage identischen 
Veschluß des Herrenhauses vom 22. d. M. bei 
Herrenhaus: nimmt in namentlicher Abstimmung mit 68 
gegen 53 Stimmen die vom Reichsrate beschlossene Wahlreform 
(bez. des böhmischen Großgrundbesitzes und der sog. Fünsgulden- 
männer) auch seinerseits an. 
Das Resultat war voraussehen. Die Debatte ist indeß von histori- 
scher Bedeutung wegen der Aufklärungen und Widersprüche, die sie über 
jenes Ewiguis brachte, welches 1879 den ganzen Umschwung in der parla- 
mentarischen Lage eingeleitet und die Versassungspartei in die Minderheit 
gebracht hat — über den Kompromiß im bohmischen Großgrund- 
besitz. Fürst Karl Auersperg, der Vater jenes Kompromisses, erhebt 
auf Grund der damaligen saichen Vorgänge die schwersten Anklagen gegen 
den Ministerpräsidenten; er beruft sich auf eine mit dem Grafen Taaffe 
kelegraphis,h geführte Korrespondenz, und deducirt daraus, daß er in Bezug 
auf die Voraussehungen und Folgen des Kompromisses getäuscht worden 
sei. Der Fürst behauptet zweierlei: daß der Kompromiß zwischen ihm und 
dem Grafen Taaffe verhandelt, und daß ihm durch eine Mitteilung des 
Ministerpräsidenten über den Inhalt der Thronrede, welche dem Eintritte 
der Fendalen in den Reichsrat folgte, Zusicherungen gegeben worden seien, 
die durch die Throurede selbst zunichte gemacht wurden. Beides stellt Graf 
Taaffe entschieden in Abrede. Er behauptet, der Kompromiß sei nicht 
zwischen der Regierung und dem Fürsten Auerzsperg, sondern zwischen den 
Führern der beiden Parteien verhandelt worden, es habe darüber teine 
Korrespondeng stattgefunden, sondern alles sei mündlich abgemacht worden; 
er längnet auch, daß irgend jemandem im voraus über den Inhalt der 
Throurede Mitteilungen gemacht worden seien. Aber Fürst Anersperg hält 
auch nach der Entgegnung des Ministerpräsidenten alle seine Behanptungen 
aufrecht, und so steht in größter Schrofjheit Behauptung gegen Behauptung. 
Zur Geschichte des Kompromißabschlusses erklärt Fürst Auersperg mit 
Bitterkeit: „Als die Neuwahlen für den Neichsrat in Aussicht standen, hatte 
die Regierung den dringenden Wunsch, es möge den die böhmische Abstineng 
aufgebenden Abgeordneten eine Anzahl von Genossen aus der Wählergruppe 
des sich konservativ nennenden Großgrundbesitzes beigesellt werden. Dieß 
war nur im Wege des Kompromisses möglich, dem sich die verfassungstreuen 
Wähler des Königreichs Böhmen opferwillig unterzogen haben. Was waren 
aber die Bedingungen des Kompromisses? Die Bedingung war der Eintritt 
in den Reichsrat ohne Bor= und Nachkonzessionen. Das einzige sormelle 
Zugeständnis, welches nach längeren Verhandlungen gemacht wurde, war
	        
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