Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

290 Die cfterreichisch“-Angarische Monarchie. (Mai 28 — Juni 1.) 
Art gesichert werden müsse, daß von Ungarn nicht mehr so viele 
Opfer gefordert würden wie bisher. 
28. Mai. (Galigien.) Die Zahl der jüdischen Flüchtlinge 
aus Rußland in Vrody ist auf 15,000 gefliegen und setzt die Be- 
hörden sowie die Hilfskomites in nicht geringe Verlegenheit. Es 
wird beschlossen, daß ein Teil der Flüchtlinge nach Rußland repa- 
triiert werden müsse und nur der Rest nach Amerika geschafft werden 
könne. 
1. Juni. Die am 11. Mai in Galatz zusammengetretene 
europäische Donankommission schließt ihre Session. Nachdem Öster- 
reich-Ungarn in der vorjährigen Session sein Avant-Projet nicht 
hat durchsetzen können, wird jetzt auf den Antrag Frankreichs (Pro- 
jekt Varrerc) ein Reglement für die Donauschiffahrt vom Eisernen 
Thore bis Galatz genehmigt, das Osterreich-Ungarn wenigstens nach 
Möglichkeit entgegenkommt und im Wesentlichen entspricht. Nur 
Rumänien widerspricht und will sich dem Veschlusse nicht fügen. 
Der Beschluß soll von den Mächten ratifiziert werden und in Lon- 
don denkt man daher daran, zu diesem Behufe und für einige an- 
dere damit zusammenhängende Fragen eine Botschafter-Konferenz 
vorzuschlagen. 
I. Juni. (Ssterreich-Ungarn.) Das Reichsgesetzblatt pu- 
bliziert den neuen Zolltarif, der mit diesem Tage in Kraft tritt. 
Gleichzeitig werden auch die Gesetze über die Erhöhung des Petro- 
leumszolls und die Einführung der Petroleumsteuer veröffentlicht; 
diese aber treten erst am 1. Sept. in Kraft. 
Zugleich mit dem Zolltarif gelangen nicht weniger als zwölf Mini- 
sterialverordnungen, welche sämtlich die Durchführung und Handhabung des 
neuen Tarifs betreffen, zur Publikation. Das Einführungs gelen ent- 
hält folgende wesentliche Bestimmungen: Art. 2 stellt das Prinzip der all- 
gemeinen Zollpflichtigkeit auf: „in der Einfuhr ist jede an zoll- 
pflichtig, soweit sie nicht ausdrücklich als zollfrei erklärt ist.“ Für die 
Waarendurchfuhr ist ein Zoll nicht zu entrichten. In der Ausfuhr unter- 
liegen nur die im Ausfuhrgolltarif angeführten Gegenstände dem daselbst 
vorgezeichneten Zoll. Art. 3 enthält folgende Bestimmung über Retor- 
sionsgölle: Waaren, welche aus Staaten kommen, die österreichische und 
ungarische Schiffe oder Waaren österreichischer und ungarischer Provenienz 
ungünstiger behandeln als jene anderer Staaten, unterliegen bei der Ein- 
fuhr außer dem im Tarif enthaltenen Zoll einem Zuschlag von 30 Prozent 
desselben, und wenn sie in dem Tarif als gollfrei erklärt sind, einem im 
Verordnungsweg zu bestimmenden spezisischen Zoll von 15 Prozent des Hau- 
delswertes der Waare. Die Regierung ist ermächtigt, Ausnahmen von dieser 
Maßregel im Verordnungswege eintreten zu lassen. Betreffs vorübergehen- 
der Aufh.bung der Getreidezölle bestimmt Art. 7: Die Regierung ist er- 
mächtigt, im Einverständnisse mit der kgl. ungarischen Regierung die Zölle
	        
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