296 Pie fslerreichisch-Angarische Monarchie. (Juni 30 — Juli 1.)
dahurche bie Gleichberechtigung der Czechen und der czechischen Universilät ver-
eh
30. Juni. (SÖsterreich-Ungarn.) Vertreter aller drei Mi-
nisterien beschließen unter dem Vorsitze des Kaisers nach zweitägigen
Verhandlungen die von dem gemeinsamen Kriegsminister Grafen
Bylandt ausgearbeitete und vorgeschlagene Reorganisation der Ar-
mee. Durch dieselbe soll zweierlei erreicht werden, einmal daß eine
teilweise Mobilisierung, wie z. B. in diesem Jahr für den bosni-
schen Aufstand, erfolgen kann, ohne die Reservisten einberufen zu
müssen, und dann die Erleichterung und Beschleunigung einer allg.
Mobilmachung. Zu diesem Ende hin sollen die bestehenden 80 Re-
gimenter zu 5 Bataillonen in 102 zu 4 Bataillonen umgewandelt
und die Truppen in ihre Ergänzungsbezirke verlegt, also das Terri-
torialprinzip, nach dem Muster Deutschlands, eingeführt werden.
Die Kosten des Militärs sollen dadurch nicht oder doch nicht wesent-
lich erhöht werden. Ebendarum soll die Reorganisation demnächst
in Angriff genommen und bis zum Frühjahr durchgeführt werden.
Die Zustimmung der Delegationen und der beiden Parlamente, so-
weit dies überhaupt notwendig, soll erst später eingeholt werden
und wird dann nicht mehr wohl verweigert werden können.
Daß der Plau militärisch entschiedene Vorkeile darbiete, wird von
keiner Seite bestritten. Dagegen werden gegen denselben polilisch schwer
wiegende Bedenken gellend gemacht, namentlich daß die Einheit der Armee
durch die Einführung des Territorialprinzips möglicher, ja wahrscheinlicher
Weise schwer werde gefährdet werden, indem die ungarischen Truppen da-
durch ganz magyarisirt, die österreichischen dagegen zu einem großen Teile
slavisirt werden dürften. In Deutschland liegen die Dinge für das Terri-
torialprinzip selbstverständlich ganz anders.
— Juni. (Österreich-Ungarn.) Die Haltung der österr.
Diplomatie in der ägyptischen Krisis wird durch die Annexions=
politik bestimmt nach dem Prinzipe do ut des. Die Pforte wäre
wahrscheinlich zur Zession Bosniens und der Herzegowina bereit,
wenn man nicht in einem Momente, in dem eine diplomatische Kon-
fusion ohne Gleichen herrscht, die Erneuerung des Berliner Kon-
gresses scheuen würde. Ssterreich verfolgt am Nil nicht bloß volks-
wirtschaftliche, sondern auch politische Zukunftsinteressen. Angesichts
dieser unerquicklichen Situation ist wenigstens das günstige Ergebnis
der Ernte ein erfreuliches Ereignis, das namentlich nicht ohne gün-
stigen Einfluß auf die Staatsfinanzen bleiben wird.
1. Juli. (Ssterreich.) Mit diesem Tage tritt eine neue
Organisation der Staatseisenbahnen unter der obersten Leitung einer