Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

308 Die österreichisch: Angarische Monarchie. (Ang. 8.) 
und die Art der Geschäftsbehandlung bei derselben.“ Zugleich er- 
folgt die Entlassung einer Reihe bisheriger Beamten und die Er- 
nennung neuer in ihre Stellen. 
Dem Verlangen namentlich der Ungarn, daß die bisherige Militär- 
regierung in eine reine Civilverwaltung umgewandelt werde, wird burch die 
neue Organisation nicht entsprochen. Deun auch nach der neuen Organisa- 
tion bleibt nach wie vor das Haupt und die eigentlich leitende Persönlich- 
keit der bosnisch-herzegowinischen Verwaltung der Landes- Shef, und daß 
dieser auch sernerhin ein General sein soll, geht eben aus dem Umstande 
hervor, daß man ihm einen Civil-Adlakus an die Seite gestellt hat, einen 
Unterbeamten, der die Befehle des Landes-Chefs auszuführen hat, diesem in 
allen Dingen untergeordnet ist, ja ihn nicht einmal in dessen Abwesenheit 
vertritt, sondern in diesem Falle — und dies zeigt am deutlichten die mili- 
tärische Spitze des Regimes — trikt an die Stelle des Landes-Chefs der 
ihm Kerteilter General. In der Hauptsache wird also an dem bisherigen 
erwalkungs-Organismus nichts geändert und ob der nene Givil-Adlatus 
einen Wirkungskreis haben wird oder nicht, ob der militärische Landes-Chef 
oder der bureankratisch geschulte Beamie, den man ihm an die Seile stellt, 
das eigentliche Triebrad der Verwaltung sein wird, das entscheidet ja doch 
nicht die Verordnung, sondern die Persönlichkeit des Civil-Adlatus selbst. 
Diese aber, Baron Nikolics, muß sich erst bewähren. Vorderhand ist es 
wenigstens ein günstiger Umstand, daß sowohl ihm als einem geborenen 
Serben wie dem Minister v. Kallay, der vollkommen serbisch spricht und 
schreibt, die Bevölkerung der beiden Provinzen, die weit überwiegend der 
nerbischen Nationalität und der griechischen Konfession angehört, mit Ver- 
trauen entgegenkommt. Ihre letzten Ziele gehen freilich entschieden aus- 
einander, da weder die Serben Bosniens ihre dereinstige Vereinigung mit 
Serbien, noch die Serben der Herzegowina diesenigen mit Montenegro auf- 
gegeben haben. Inzwischen ist die neue Organisation wesentlich offenbar 
eine Wiederauffrischung der Prinzipien, von welchen sich die türkische Ver- 
waltung leiten ließ. Die Organisation und der Wirkungskreis der Behörden 
sind dieselben. Dem Bezirkshauptmann ist die gesamte Verwaltung unter- 
stellt; er besorgt die sämtlichen Berwaltungs-, Finanz= und Justizgeschäfte, 
ist für seinen Bezirk alles: Chef der Polizei, der politischen Verwaltung, 
der Justiz, ist Oberingenieur und Steuereinnehmer. Sein Vorgesehter ist 
der Kreisvorsteher, der ebenso alle Geschäfte des Kreises besorgt und dem 
das Steuer-Inspektorat, das Forst-, Sanitäts= und das Bau-Amt unter- 
stehen. über den Kreisvorstehern steht der Chef der Landes eregierung, dem 
wieder die Finanzlandesdirektion und die Berghauptmannschaft untergeord- 
net sind, und der sämtliche Geschäfte, die einer Regierung zustehen, besorgt 
unter Kontrole des gemeinsamen Finanzministers, jedoch ohne daß wie bis- 
her alle Berichte und Anträge nach Wien eingesendet und dort erledigt 
würden. So wird Frhr. v. Nikolicz zum Pascha von Bosnien, und an 
der Spitze der Kreise und Bezirke stehen wieder Paschas von kleinerem 
Rang, d. h. omnipotente Chefs der Verwallung, gerade so wie es der Fall 
unter dem türkischen Rögime gewesen. Die Kallay'sche Verwaltungsreform 
bricht mit allen Traditionen der österreichischen Verwaltung, entspricht aber 
den Eigentümlichkeiten und dem Kulturzustand der zu verwaltenden Pro- 
vinzen. 
8. August. (Böhmen.) Der Streit über die Prüfungsver- 
ordnung für die neue czechische Universität geht noch immer lebhaft 
jort. Auch Rieger spricht sich dagegen aus.
	        
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