314 Die flerrrichisch-Ungarische Monarchie. (Sept. 17—23.)
verein für die Kinder deutscher Arbeiter mit Bewilligung des Landes-
schulrats gegründete und von 245 Schulkindern besuchte deutsche
Volksschule vom dortigen czechischen Gemeinderate unter den nichtig-
sten Borwänden gewaltsam geschlossen. — In Orzelantsch findet eine
kleine Judenverfolgung statt: die czechische Vevölkerung verlangt die
Gzechisierung der dortigen deutschen Schule, die von den Juden er—
halten wird, wirft denselben die Fenster ein und provoziert auf der
Straße Tumuslte.
17. September. (Ungarn.) Schluß der Landesfynode der
Reformierten Ungarus in Debreszin. Dieselbe hat eine allg. Kirchen-
verfassung für ihre Konfession ausgearbeitet und dabei zwar dem
Begehren der ungarischen Regierung bezüglich des ihr vorher vor-
gelegten Entwurfs teilweise entsprochen, hält aber ihre historisch
hergebrachte und verbriefte Autonomie in Kirchen- und Schulsachen
energisch aufrecht.
18. September. (Ssterreich.) Außerordentliche Regengüsse
verursachen in Tirol und Kärnthen große Wassernot und richten
große Verheerungen an. Nur um der augenblicklichen Not Ju steuern,
weist die Regierung 700,000 G. an und tritt die Privatwohlthätig-
keit in weiten Kreisen ein, an der sich auch Süddeutschland in sehr
erheblichem Grade beteiligt. Die Not ist in Tirol eine ganz außer-
ordentliche, aber wesentlich auch eine durch eine geradezu unverant-
wortliche Waldausbentung felbstverschuldete.
18. September. (Ssterreich.) Die Abgg. v. Walterskirchen
und I#r. Kronawetter legen ihre Mandate zum Reichsrat nieder.
Der Versuch, eine neue „deutsche Volkspartei“ zu gründen und mit
Hilfe derselben die „Vereinigte Linke“ zu sprengen oder allmälig
abzubröckeln, ist definitiv gescheitert. Walterskirchen ist von seinen
Steirern, Kronawetter von den Wiener Arbeitern im Stich gelassen
worden, und den antisemitischen Bestrebungen Schönerers in Ober-
österreich ist die Regierung entgegengetreten.
23. September. (Ungarn.) Die Eisenbahubrücke bei Esseg
bricht mit dem darauf fahrenden Eisenbahnzug zusammen und kostet
viele Menschenleben. Die Entrüstung der öffentlichen Meinung dar-
über ist eine unbeschreibliche, da es alsbald außer Zweifel steht, daß
das Unglück vorherzusehen war und bei etwas weniger Leichtfertig-
keit hätte vermieden werden können: die Brücke war schon vor der
Katastrophe notorisch höchst gefährdet und doch wurde sie bei der
vorher vorgenommenen Besichtigung für tüchtig befunden.