Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

320 Die Gflerreichisch-ugarische Monarchie. (Mitte Okt.) 
vorgeschriebenen Lehrerlonferenzen verweigert. Die Regierung erklärt, daß 
sie sich den Betrag unn in anderer Weise verschaffen werde und doch auf 
Kosten des Landes. 
Böhmen: Der Landtag faßt bez. der # Landtahys- Wahlreform- 
frage, obwohl sie gerade in Böhmen eine brennendere ist als irgendwo 
sonsl und die Hauptforderung der Exechen bildet, keinen Beschluß, da die 
Maforität 3. Z. noch eine deutsche ist. Dagegen bcantwortet der Statthaller, 
v. M.-L. Kraus, eine Interpellation Rieger's dahin, daß sich die Regierung 
i. der anerkannten Nesormbedürftigkeit der Landtagswahlordnung und rück- 
sichtlich der eingetretenen Anderung der Neichsratswahlordnung angelegen 
sein lassen werde, die Behebung der Mängel der Landtagswahlordnung und 
insbejondere die übereinstimmung derselben mit der Reichsratswahlordnung 
auf verfassungsmäßigem Wege durchzuführen. Die hauptsächlichsten Gegen- 
stände der Beratungen des Landtags bildeten die Vertretung der czechischen 
Universität Prag, wobei dem Rektor dersfelben eine Virilstimme gleich seinem 
deulschen Kollegen eingeräumt „wurde, jerner das Landesbudget und die 
Militär-Einquartierung. Die Frage einer Beislener zum Vau eines neuen 
dentschen Sommertheaters womm! durch den plößlichen Schluß des Landlags 
nicht mehr zur Entscheidung. Die deutsche Majorität fühlt sich dadurch tief 
verlezt. Der Oberstlandmarschall, Fürst Carlos Anersperg schließt denn auch 
den Landtag, offenbar erbiltert, mit wenigen Worten und verläßt darauf 
rasch den Präsidentenstuhl und den Saal, die üblichen Anreden an den 
Statthalter und an den Oberstlandmarschall unterbleiben. Die öffentliche 
Meinung schließt aus allen diesen Vorgängen, zusammengehalten mit der 
Antwork des Statthalters an Rieger, daß der bohmische Landtag in seiner 
bisherigen Zusammensehung nicht mehr zusammentreten werde und daß die 
Auflösung derselben und eine neue Wahlordnung nach den Wünschen der 
Czechen seitens des Ministeriums Taaffe eine beschlossene Sache sei. 
Mähren: Die von den Czechen beantragte Einführung von Bezirks- 
vertrelungen wird von der deutschen Mehrheit des Landtags neuerdings ab- 
gelehnt, weil sie in der Einschränkung der Gemeindeautonomie eine frucht- 
bringende Auregung zur Beseitung von übelständen nicht erblicken könne. 
Schlesien: Der Landtag beschäftigt sich wiederholt mit der Sprachen- 
frage, über welche numittelbar nach Schluß derselben eine Verordnung der 
M#g# erwartet wird. Die Deutschen sind natürlich gegen, Polen und 
Czechen für eine sprachliche Dreiteilung des Landes. Der Statthalter er- 
klärt, die gefallenen Außerungen der Regierung übermitteln zu wollen. 
Kärnten: In der Schulfrage spricht sich der Landtag unter Mil- 
wirkung seiner flovenischen Mitglieder sehr dentlich gegen die von Krain aus 
betriebene slovenische Agilation aus und erteilt seinem Landesausschusse den 
Austrag zu Ausarbeilung einer Vorlage in der Landtags-Wahlreform- 
Frage. 
*“ Krain: Die slovenische Minderheit des Landtags glaubt bei allen 
und jeden Fragen, selbst den heterogensten, für die slovenische Sprache und 
spezisisch-lovenische Interessen demonstrieren Zzu müssen, kann jedoch nichts 
durchseqzen. Ihre Klagen über den deutschen Schulverein weist selbst der 
Landrspräsident Winkler, der doch vom Lager der Verfassungstreuen in das 
des Grafen Taaffe übergegangen ist, als ungegründet zurück. 
Galizien: Der Landtag protestiert dagegen, daß die Reichsbeiträge 
an die galizische Grundentlastung, die bis jetzt auf die Gesamtsumme 
von ca. 72 Millionen angewachsen sind, eine Schuld des Landes bilde und von 
diesem jemals zurückbezahlt werden müsse und will sich lediglich von jetzt an 
pon diesem jährlichen Beilrage von 2,625,000 G. einen Abzug von 325,000 G.
	        
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