Die Ofterreichisch-Angorilche Monarchie. (Dez. 13—14.) 330
nister Szechenyi hervorgegangen ist, betrieben werde, wrrauf Graf Albert
Apponyi, der in diesem Klub die leitende Nolle spielt, diese arislokrati=
schen Agrarier energisch in Schutz nimmt, indem er erklärt: „Der Abg
Hermann glaubte zu spolten, als er unsere Bestrebungen „aristolratischen
Sogialis zmus“ tanuste. Nun denn, das Wort „Sosialiemus“ erregte von
jeher in gewissen Kreisen einiges Grauen, welches ich niemals empfun-
den. Dieses Gefühl hat aber in letzter Zeit eine große Wandlung durch-
gemacht. Wenn wir einerseits jenen enormen theoretischen Fortschritt be-
trachlen, welchen der Sozialismus gemacht, angesangen von Gabet, wo er
in Gestalt des rohesten Kommnnismus sich äußerte, bis zum heutigen 1 Tage,
wo derselbe durch wissenschaftliche Forschungen und Werke ersten Nanges,
wie die eines Karl Marr, verlreten wird, so erweist sich diese Auffassung
von den Gesetzen der menschlichen Gesellschaft jedenfalls ale entwicklungs-
fähig. und die Linien derselben erweisen sich als lonvergierend mit jenen
Bestrebungen, welche die Grundlagen der gegenwärtigen Organisation der
Gesellschaft beibehalten und nur deren Mißstände beieitigen wollen. Ich
verweise auf den Fürsten Bismarck, auf den unwweiselhaft größten Staats-
mann unserer Zeit, und berufe mich auf sein bekanutes Wort, daß man die
Staatsmaschine unbedingt mit einem „Tropsen sozialistischen Sles“ schmieren
müsse.
13. Dezember. (Niederösterreich.) Der Konflikt zwischen dem
Unterrichtsminister und den niederösterr. Schulbehörden verschärft sich.
Der Minister genehmigt die Errichlung einer czechischen Privat-Volks-
schule in Wien definitiv und befiehlt dem Wiener Bezirksschulrat,
die Erlaubnis dem czechischen Verein „Kosmenski“ zu nolifizieren.
Die sämtlichen Mitglieder des Bezirksschulrats und die Delegierten
des niederösterr. Landtags und des Wiener Gemeinderats im Landes-
schulrat legen darauf hin ihre Mandate nieder. Die öffentliche Mei-
nung ist sozusagen einstimmig damit einverstanden und Neuwahlen
werden zu keinem andern Resultate führen. Wien ist entschlossen,
das Eindringen des Czechismus in Niederösterreich und in die Reichs-
hauptstadt, die beide ganz deutsch sind und deutsch bleiben wollen,
einfach nicht zu dulden.
„Die Gründung der czechischen Schule — erklären die Wiener Blälter
— ist nach der einstimmigen Erklärung des Landesschulraks kein Bedürfnis,
sondern ein politischer Coup; sie ist die erste Zelle, die fortwuchern soll, um
schließlich ein Fweisprachiges Wien zu erzeugen; sie ist vom Grafen Harrach
gefördert worden, um die nationale Zwietracht in die Hauptstadt zu ver-
pflanzen, einer Metropole des deutschen Geistes den flavischen Charakter an-
zudichten. Mit der kleinen unschuldigen Privatschule fängt man an, mit
den Gymmasten, der Universität, dem Gerichte, der Verwaltung hört man
auf. Wie lange wird es dauern, daß ein czechischer Schulinspektor für
Wien als ein unabweisliches Bedürfnis hingestellt werden wird?? Die
Frcbiche Presse (Swornost 2c.) verlangt auch wirklich bereits ausdrücklich die
Gleichberechtigung der Czechen in Niederöfterreich und daß auch in diesem der
GCechischen Sprache die Rechte der zweiten Landessprache eingeräumt werden“.
14. Dezember. (Österreich.) Neichsrat: Die vom Grafen
Taaffe längst ersehnte Mittelpartei konstituiert sich endlich als förm-
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