352 Spanien. (Nov. 10 — Dez. 9.)
10. November. In Südspanien ist vielfach eine förmliche
Hungersnot ausgebrochen. In Teres und mehreren anderen Städten
werden die Bäckerläden und Mehllager geplündert.
24. November. In verschiedenen Städten Andalusiens werden
gahlreiche Sogzialisten verhaftet, die mit den Sozialisten und Anar-
chisten in Lyon in Verbindung stehen sollen.
3. Degember. Wiederzusammentritt der Cortes. Tags vor-
her halte der Minister-Präsident Sagasta in einer Zusammenkunft
von 260 Deputierten der liberalen Majorität sein Regierungspro-
gramm für die Session entwickelt.
Der Premier betonte, daß die Anschauungen und Intentionen der
Regierung unverändert geblieben und dieselbe entschlossen sei, ihren Prinzi-
pien, welche sie in der Opposition verleidigt, treu zu bleiben:; es würden
Reformen in allen Zweigen der Administration eingeführt werden, darunter
solche, welche die Neligions- und die Preßfreiheit sicherten; die Regierung
werde in der nächsten Session mit Vorschlägen für ein Gesetz wegen der
Geschwornengerichte und für ein GCivilehe-Gesetz vor die Cortes kreten. In
Betreff der Parlei der dynastischen Linken erklärte Sagasta, daß er die Be-
wegung mit großer Befriedigung ansehe, da sie den Triumph der Regierungs-
Politik bedeute und den pessimistischen Anschauungen der fanatischen Gegner
der öffentlichen Instilutionen ein Ende mache.
Beide Häufer der GCortes bestellen ihr Präsidium im Sinne
der Regierung. Im Kongreß wird Posada Herrera mit 223 Stim-
men gewählt gegen 82, welche auf den General Lopez Dominguez,
den Kandidaten der Partei Serrano's, fallen; im Senat bringt es
diese Partei, weil hier auch die Konservativen mit ihr gehen, auf
95 gegen 110 Stimmen.
7—19. Dezember. Kongreß: Große Debatte über die Ver-
fassungsfrage. Marschall Serrano beantragt die Wiederherstellung
der Verfassung von 1869 unter Revision derfelben in monarchischem
Sinne. Ministerpräsident Sagasta tritt dagegen für Aufrechthaltung
der Verfassung von 1876 ein und lehnt namentlich das allg. Stimm-
recht, die obligatorische Civilehe und die vollkommene Freigebung
jeder Religionsübung ab. Der Antrag Serrano's wird schließlich
mit 216 gegen 68 Stimmen verworfen. Die Debatte hat die Partei
Serrano nicht gestärkt, sondern geschwächt, wie die Vergleichung mit
der Präsidentenwahl zeigt.
9. Dezember. Ein republikanisches Meeting in Madrid, im
Alhambra-Theater, beschließt, daß es Pflicht aller Republikaner sei,
sich angesichts der Wahlen zusammen zu thun. Salmeron erklärt,
die Republikaner dürften die Partei Serrano's nicht bekämpfen, weil
die Rückkehr zur Verfassung von 1869 die Entwickelung der republi-