360 Großbrittannien. (April 10— 12.)
Parlament niederzusetzende Kommission ihr Gutachten abgegeben
haben würde.
10 —24. April. Parnell wird auf Zeit aus dem Gefängnis
von Kilmainham entlassen und geht behufs Ordnung von Familien-
angelegenheiten nach Paris, worauf er in das Gefängnis zurückkehrt.
Die #irischen Zustände beschäftigen die öffentliche Meinung fortwährend
vorzugsweise. Der gew. konservative Marineminister Smith macht den
Vorschlag, eine landbesitzende Bauerfame in Irland mit Staatshülfe zu
gründen d. h. mit Staatsmitteln die dortigen Großgrundbesitzer zu erpropfiieren
und damit die soziale Frage für Irland zu lösen. Der Plan findet auch
in der liberalen Presse Anklang; die Gegner dagegen fragen, auf welcher
Basis er denn eine so kolossale Transaktion durchführen wolle und meinen,
es sei ihm nur darum zu thun, daß die englischen und schottischen Steuer-
zahler das Geld aufbringen sollen, um daraus die irischen Grundbesitzer
für die schon erlittenen und noch zu erleidenden Verluste zu entschädigen,
zumal der Grundbesicz augenblicklich in Irland schrecklich entwertet sei. —
Egan, der Schahmeister der Landliga, hat von Paris aus ein Schreiben an
Patrick Ford, den Landligistenführer in New-York, gerichtet, worin er den
Empfang von mehr als 20,000 Pfund Sterl. für die Landliga bestätigt und
hinzufügt: „Alle Berichte aus Irland sind höchst ermutigender Natur. Überall
handelt das Volk getreulich nach dem Grundsatze „Keine Ubergabe“. Der
Geist irischer Nationalität und Feindseligkeit gegen unsere sächsischen Be-
drücker ist zugegebenermaßen stärker, als er seit Generationen war. Mit stetiger
und entschlossener Ausdauer in dem Verfahren, welches während der letzten
zwei Jahre diesen großen Wechsel herbeigeführt hat, wird es uns über kurz
oder lang gelingen, nicht allein eine befriedigende Lösung der Bodenfrage
zu erzwingen, sondern England unsere nationale Unabhängigkeit abzutrotzen“.
Egan hat auch einen Bericht über die von ihm verwalteten #. Finanzen der
irischen Landliga veröffentlicht. Darnach hat die Liga seit ihrer Gründung
über 188.000 Pfd. Sterl. vereinnahmt, von welcher Summe 127,000 Pfd.
Sterl. aus Amerika zuströmten. Berausgabt wurden 113,000 Po. Sterl.
„für Organisationszwecke, Verteidigung von Angeklagten und Unterstützung
ausgetriebener Pächter“ (ohne nähere Spezifikation), sowie 16,000 Pfd.
Sterl. für die Verteidigung der Augeklagten in dem Dubliner Staatsprozesse,
so daß die Liga gegenwärtig noch über 55,000 Pfund Sterl. verfügen würde.
12. April. Lord Salisbury, der Führer der Tories, stellt
den Vorschlag seines gewesenen Kollegen Smith in einer Rede in
Liverpool förmlich als Programm seiner Partei für Irland auf:
Herstellung eines freien Bauernstandes durch Expropriation der dor-
tigen Großgrundbesitzer aus Staatsmitteln in großartigem Maßstabe.
Konferenz der irischen Landliga in Amerika zu Washington.
Es ergibt sich, daß von den 940 Zweigen der Liga in Amerika und
Canada im Ganzen 272,810 Dollars nach Irland gesandt wurden.
Die Konferenz faßl Beschlüsse, welche den irischen Pächtern den Nat
geben, bei ihrem passiven Widerstande gegen die Pachtzinszahlung
zu beharren, dieselben der Sympathie der Irländer in Amerika ver-
sichern und ihnen moralisch wie materiell Unterstützung verheißen.