Frankreich. (Aug. 9.) 405
terimistische Arbeiten. Da ihm nichts anderes übrig blieb, mußte Gravy
schließlich Lern oder ungern zu Männern zweiten und dritten Nanges
greisen. Der neue Ministerpräsident ist schon ein sehr aller Mann, der im
Jahre 1848 vorübergehend Finanzminister gewejen war, jeither aber sich fast
nur in Finanzkreisen bewegt und bemerklich gemacht hal. Die öffentliche
Meinung nennt das Kabinet einstimmig ein Geschäftsministerium d. h. einen
Notbehelf, ein übergange Wkabinel. Duelerc selbst erklärt indes privatim nach
allen Seiten, daß es ein ernstes und definitives sein wolle und sich auf die
Dauer zu behaupten hosse. Die Lage ist eine durchaus wirre. Gambetta
bat durch Fallib#res, Legrand, vielleicht auch Deves wenigstens wieder einen
Fuß in der Negierung, Gravy aber hat an Ansehen sichtlich eingebüßt. Dem
unzweifelhaft von vornherein schwachen Ministerium gegenüber fühlen die
Ertreme, die Legitimisten von rechts und die Anarchisten und Nadikalen von
links, instinktmäßig, daß sie Oberwasser gewinnen könnten. In Deutschland
meinen viele, daß durch den Sturs Freycinet's und das Zurückziehen Frank-
reichs von der ägyplischen Verwickelung der Nevanchegedanke wieder in den
Vordergrund treten werde. „Freycinet war zwar nicht der Verzicht auf
denselben wohl aber seine Zurückstellung; jeht hat Gambella wieder wenig-
stens indirekt das Hest in Händen. Zwischen dem moralisch längst gänzlich
diskreditierten Mann und der französischen Nation gibt es eben ein einigen-
des Band; Gambetta verkörpert für die Nation die Revancheidee und wie
sie nur ducch ihn inszeniert werden kann, kann er sie niemals völlig außer
Acht lassen.“
Das Kabinet Duclerc gibt in beiden Kammern folgende Er-
klärung ab:
„Das von der Depuliertenkammer am 29. Juli erlasfene Votum
führt vor sie ein neues Kabinel. Die erste Pflicht desselben ist, Ihnen zu
sagen, welche Bedentung dieses Botum in jeinen Augen hat und welche
Verhaltungslinie es ihm vorschreibt. Indem die Kammer die für die Be-
jetzung eines Teiles des Snez-Kanals nötigen Kredite verweigerte, ergriff sie
eine Maßregel der Zurückhaltung und Vorsicht, welche aber keine Abdankung
edentet. Die Negierung wird sich von dem Gedanken, welcher diesen Be-
schluß diltiert hat, leiten lassen und darnach handeln. Sollten Ereignisse
eintreten, bei denen die Interessen oder die Ehre Frankreichs aufs Spiel
kommen könnten, so werden wir uns beeilen, die Kammern einzuberufen
und ihnen die Eutschließungen zu unlerbreiten, welche die Umstände erheischen
könnten. Wenngleich minder dringend, nehmen doch die inneren Fragen
unsere Aufmerksamkeit nicht minder in Anspruch. In dieser Nichtung kann
aber während der bevorstehenden Pause Ihrer Sitzungen nichts unternommen
werben. Wir werden die Zeit, die Sie uns schenken werden, verwerten, um
Studium dieser Fragen wieder aufzunehmen. Wir werden unter Mit-
Nsn Ihrer Ausschüsse bemüht sein, den liberalen und fortschrittlichen
Lösungen, welche Ihnen am besten zusagen, Geltung zu verschaffen. Wir
stecken uns noch ein anderes Ziel. Wir wollen die verschiedenen Fraktionen
der republikanischen Majorität einander nähergubringen trachten, und wenn
wir dieses patriotische Nesultat mit Ihrem Beistande erreichen können, werden
wir das Werk erfüllt zu haben glauben, welches in diesem Augenblicke das
wichtigste ist für die gemeinsamen Interessen der Kammern, der Republik
und Frankreichs“. Clemenceau sehzt der Erklärung stehenden Fußes
namens der änßersten Linken ein motiviertes Mistrauensvotum entgegen.
9. Angust. Beide Kammern schließen die Session, um erst
am 9. November wieder zusammenzutreten. Bis dahin verschlimmert