Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

Franbreich. (Nov. 16—20.) 413 
schlag zur Kompensation dafür zu machen. Frankreich geht darauf 
nicht ein. England hat Urfache, damit ganz zufrieden zu sein. Die 
Frage wird zwar zwischen beiden weiler verhandelt, bleibt aber vor- 
erst unerledigt und Frankreich scheint sich allmälich in das Unver- 
meidliche zu schicken: Agypten ist für Frankreich definitiv verloren. 
Kammer: Andrieur bringt den Antrag ein, die Verfassung 
nach derjenigen der Verein. Staaten umzubilden. Der Präsident 
der Republik soll eine Stellung wie dort einnehmen und die Minister 
sollen wie dort dem Einflusse der Kammern ganz entzogen werden. 
16—18. November. Kammer: Kultusbudget: Die Negierung 
wird wegen eines dem Erzbischof von Algier-Tunis gewährten Kre- 
dits von 50,000 Fr. zu gunsten der kath. Missionen in Tunis heftig 
angegrissen. Dieselbe verlangt einfache Tagesordnung, die auch mit 
344 gegen 125 Stimmen beschlossen wird. 
18. November. Kammer: Der Marineminister bringt einen 
Gesetzentwurf ein, der die Verträge Vrazza's mit dem König Ma- 
koko am Congo bestätigt und die Ausführung derselben anordnet. 
Ein Kriegsschiff soll nach dem Congo abgeben, um die neuen Er- 
werbungen für Frankreich zu sichern. 
20. November. Das Gambettistische VBlatt „Voltaire“ denun- 
ziert mit einläßlichen Angaben ein förmliches „Complot royaliste“ 
in Paris und in der Provinz zum Umsturg der Nepublik. 
Kammer: Vudgetkommission: beschließt nach dem Antrage des 
Finanzministers, die Summe für öffentliche Banten pro 1883 nicht 
herabzusetzen und die zur Gquilibrierung des Budgets fehlenden 
ca. 150 Mill. oder mehr auf die schwebende Schuld zu übernehmen, 
also vorerst, gegen die ursprüngliche Vorlage Say's, auf ein Ab- 
kommen mit den großen Bahngesellschaften zu verzichten. 
Der Berichterstatter Ribot konstatiert, daß das Budget für 1882 mit 
einem Defizit von ekwa 108 Mill. abschließen dürfte. Dennoch wagt man 
es nicht, die Eisenbahnbauten nach dem Programm Freycinet zu beschränken, 
indem dadurch Tausende von Arbeitern beschäftigt werden, obgleich der Er- 
trag der neuen Vahnen ein mehr als zweifelhafler ist. Auf die Dauer wird 
es aber doch kaum möglich sein, an jenem Programm festzuhalten, wenn das 
Defizit nicht riesig anwachsen soll. Es sind gegenwärtig 5596 Kilometer 
Eisenbahnen im Bau, während feit dem Beginn der Ausführung des Pro- 
jekts de Freycinet 3600 Kilometer dem Verkehr übergeben wurden. Die 
bis 31. Deg. 1882 liquidierten Ansgaben betragen 1290 Millionen. Das 
Programm de Freycinet jedoch würde eine weitere Ausgabe von 3 Milliar- 
den 700 Millionen erfordern. Dazu müssen aber 2 Milliarden für Hafene-, 
Kanal= und Flußregulierungsarbeiten hinzugefügt werden, die teils aus- 
gegeben und leils zu verausgaben sind. Somit würde die Ausführung des 
gesamten Programms 7 Milliarden 200 Millionen kosten.
	        
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