Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 13 —14.) 13 
fugnisse der preußischen Regierung nicht als Weg zum Frieden betrachten 
könne. Das sei eine Wendung gegen frühere Stimmungen“ im Vatikan. 
Halte dieselbe an und trete nicht bei dem eindrucksbereiten Leo XIII eine 
neue Wendung ein, dann sei das Schicksal der neuen kirchenpolitischen Vor- 
lage in der preußischen Kammer von vorneherein besiegelt. So ist es denn 
auch wirklich gekommen. 
13. Januar. (Sachsen.) II. Kammer: genehmigt neuer- 
dings den Ankauf von zwei Privatbahnen behufs Ausdehnung des 
Staatseisenbahnnetzes. 
14. Januar. (Deutsches Reich.) Reichstag: genehmigt den 
Etatstitel über die Hauptzollämter nur mit einer von Möller be- 
antragten Resolution, welche das Recht der Mitwirkung des Reichs- 
tags beim Zollanschluß der Unterelbe ausdrücklich wahrt. 
14. Januar. (Preußen.) Eröffnung des Landtags. Der 
Vizepräsident des Ministeriums v. Puttkamer verliest die Thronrede 
des Kaisers und Königs: 
„Die Finanzlage des Staats zeigt gegen die Ergebnisse der letzten 
Jahre einen weiteren Fortschritt der Besserung. Das abgelaufene Rechnungs- 
jahr hat einen vorzugsweise aus der Verwaltung der verstaatlichten Eisen- 
bahnen herrührenden Überschuß von beinahe 29 Millionen Mark geliefert, 
und die Ergebnisse der Betriebsverwaltungen sowie die in andauerndem 
Steigen begriffenen Einnahmen aus den Reichs- steuern lassen für das künf- 
tige Jahr weitere Mehrerträge erwarten. Ungeachtet der gegenüberstehenden 
Mehrausgaben, unter denen insbesondere eine nicht erhebliche Erhöhung der 
Matrikularbeiträge des Deutschen Reiches hervortritt, hat sich doch der Staats- 
haushaltsetat für 1882/83 günstiger als für die drei vorhergehenden Jahre 
gestaltet. In Folge dessen hat darauf Bedacht genommen werden können, 
den auf fast allen Gebieten der Staatsverwaltung hervorgetretenen Bedürf- 
nissen in ausgiebiger Weise Befriedigung zu verschaffen. Wenn Ihnen dessen- 
ungeachtet noch die Aufnahme einer Anleihe von mäßigem Betrage vor- 
geschlagen wird, so geschieht dies in der Absicht kräftiger Entwicklung der 
wirtschaftlichen Interessen des Staats, insbesondere durch Förderung pro- 
duktiver Anlagen und Zwecke. Neben dem Staatshaushaltsetat werden 
Ihnen Gesetzentwürfe zugehen, welche in Aussicht nehmen, die Lage der 
Hinterbliebenen unmittelbarer Staatsbeamten in Übereinstimmung mit der 
im vorigen Jahre erfolgten gesetzlichen Regelung dieses Gegenstandes im 
Reiche sicherer und auskömmlicher zu gestalten und die Verhältnisse der nach 
langer Dienstzeit in den Ruhestand zu versetzenden Beamten günstiger als 
bisher zu regeln. Die Staatsregierung muß zu ihrem Bedauern darauf 
verzichten, die von ihr als dringend erkannte allgemeine Aufbesserung der 
Beamtenbesoldungen schon im nächsten Etatsjahre zu verwirklichen; sie wird 
aber ernstlich darauf bedacht sein, die hierzu erforderlichen, nicht unerheb- 
lichen Mittel dem Staatshaushalte zuzuführen, und gibt sich der Hoffnung 
hin, daß die weitere Ausbildung des Systems der indirekten Steuern im 
Wege der Reichs- gesetzgebung die baldige Erfüllung auch dieser Wünsche 
möglich machen werde. — Der in der letzten Landtagssession unerledigt ge- 
bliebene Entwurf eines Gesetzes, nach welchem die aus dem Ertrage neuer 
oder erhöhter Reichssteuern an Preußen zu überweisenden Geldsummen 
zur Herabminderung der direkten Steuern und Kommunalabgaben ver-
	        
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