Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 18.) 19 
Vollstreckbarkeit nicht auf. § 29. Die Unternehmer und die Versiche- 
rungsanstalten sind nicht befugt, die in diesem Gesetze enthaltenen Bestim- 
mungen zu ihrem Vorteil im voraus auszuschließen oder zu beschränken. 
Vertragsbestimmungen, sowie jede andere Übereinkunft, welche dieser Vor- 
schrift zuwiderlaufen, haben keine rechtliche Wirksamleit. § 30. Die For- 
derungen auf Schadenersatz verjähren in zwei Jahren vom Tage des Un- 
falls gerechnet. 
Der Entwurf soll keine grundsätzlich oppositionelle Demonstration 
gegen die Regierung sein, sondern im Gegenteil dahin wirken, in der großen 
und schwierigen Frage, welche durch die vorjährige Regierungs- vorlage (Un- 
fallgesetz) angeregt worden, eine neue Grundlage zu einer nach der Auf- 
fassung der liberalen Seite des Reichstags ersprießlicheren Erörterung zu 
bieten. Jedenfalls ist es für die Sache ein Gewinn, daß sich damit auch 
alle drei liberalen Gruppen zu dem Prinzip des Versicherungszwangs be- 
kannt haben. Außerdem aber enthält der Entwurf zum mindesten einige 
sehr schätzbare neue Gedanken, wie J. B. den Unfallkommissär und seine ver- 
mittelnde Tätigkeit etc. Dagegen überbindet derselbe die neue Last aller- 
dings ganz und ausschließlich der Industrie d. h. den Betriebsunternehmern, 
sieht von einem Staatszuschuß ganz ab und kennt auch keine Karenzzeit. 
Der Zentralverband deutscher Industrieller (Schutzzöllner) protestiert 
denn auch sofort gegen den Entwurf und erklärt ihn in einer Petition an 
den Reichstag von vorneherein für unannehm- bar; „Durch die neuen in 
ihrer Tragweite gar nicht absehbaren Lasten, welche dieser Entwurf der 
deutschen Industrie aufbürdet, wird dieselbe nicht nur in ihrer Konkurrenz- 
fähigkeit gegen das Ausland empfindlich beeinträchtigt, sondern es wird vor 
Allem der Unternehmungsgeist völlig gelähmt, und gerade dadurch der Ar- 
beiter am meisten geschädigt werden. Der Zentralverband deutscher Indu- 
strieller hat wiederholt die volle Bereitwilligkeit der deutschen Industrie 
ausgesprochen, die Frage- der Unfallversicherung auf einer breiteren Basis 
zu lösen und erhebliche Opfer dafür zu übernehmen; in dem gegenwärtig 
eingeschlagenen Wege kann derselbe indeß eine gedeihliche oder auch nur er- 
trägliche Lösung derselben nicht erkennen." 
17. Januar. (Preußen.) Große Delegierten-Konferenz der 
deutsch-konservativen Partei in Berlin hauptsächlich mit Rücksicht 
auf die im Herbst bevorstehenden allgem. Abg.-Wahlen, 
welche von einem mächtigen Anlauf zur Verbesserung und Befestigung 
der Organisation, zur Vorbereitung einer wirksamen Agitation in Presse 
und Vereinen, zur Schaffung zweckentsprechender lokaler, provinzieller und 
zentraler Verbände, zur Herstellung einer besseren Verbindung unter den 
verschiedenen Parteivereinen, zur Aufbringung größerer Geldmittel u. dgl. 
zeugt. Der Vorschlag einer Verschmelzung aller konservativen Elemente wird 
nicht gemacht, zumal er von den Freikonservativen als eine Zumutung, 
sich selbst aufzugeben, zum voraus entschieden abgelehnt worden war. 
18. Januar. (Deutsches Reich.) Behufs Agitation für 
Einführung der Doppelwährung bildet sich in Berlin ein bimetal- 
listischer Verein, welchem eine Anzahl Reichstags= und Landtags- 
abgeordneter aus der konservativen, der freikonservativen und der 
Zentrumspartei angehört. 
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