Object: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

übersicht det politischen Enlwichelung des Jahrro 1882. 5190 
überzeugt, daß kein angesehener Mann es wagen dürfe, ein Minister- 
pvortefeuille aus seiner Hand gegen die Nationalpartei anzunehmen; 
die Notabeln, die ganse öffentliche Meinung sprach sich wider ihn 
aus, von einem Gehorsam des Militärs eventuell auch gegen Arabi 
war gar keine Rede, Deputationen der Ulemas und der Notabeln 
drangen vielmehr in ihn, dem allgemeinen Verlangen nachzugeben: 
er stand verlassen und ganz allein. Es blieb ihm nichts anderes 
übrig, als entweder abzudanken oder nachzugeben und er gab nach: 
Arabi, und zwar bezeichnenderweise zunächst er allein, wurde wieder 
als Kriegeminister eingesetzt. Damit war Arabi auch ihm gegen- 
über vollständig Herr der Lage; Tewsik hatte zwar nicht formell, 
aber thatsächlich abgedankt. In Agypten selbst war die Frage 
enischieden und die Demonstrationsflotte hätte als solche ruhig ab- 
dampfen können: ihre Amwesenheit war ganz nutzlos geworden. Das 
zeigte sich handgreiflich kaum 14 Tage nachher, als am 11. Junichemetzt 
die Europäer von dem arabischen Pöbel in den Strassen Aleran= in 
driens jämmerlich hingemetzelt wurden, ohne daß die Flotte das, 
mindeste dagegen thun konnte, bis das ägyptische Militär selbst dem 
Gemehel ein Ende machte. 
Die Parteien streiten sich heute noch darüber, von wem dieses 
Gemetzel eigentlich in Szene gesetzt worden sei und zu welchem 
Zwecke, vom Khedive oder von Arabi. Wie dem aber auch sei, so 
viel ist sicher, daß dasselbe das Glas zum überlaufen gebracht hat. 
Jetzt war eine Intervenlion ganz unausweichlich geworden, mochte 
sie wer immer unternehmen. Der Vorschag Frankreichs und Eng- 
lands, eine Konserenz der Botschafter sämtlicher Mächte in Kon- 
stantinopel zu veranstalten, um mit einem Vertreter der Pforte 
über die Frage zu beraten, fand ohne Schwierigkeit allgemeine Zu- 
stimmung. Allein je fester die Notwendigkeit einer Intervention 
überhaupt nunmehr stand, desto schwieriger war die Frage, wer denn 
eigentlich intervenieren solle. Von den zunächst Beteiligten hatte 
dazu eigentlich Keiner recht Lust, weder die Pforte, noch Frankreich 
noch England, zumal es sich jetzt nicht mehr um die Absfendunng 
von ein paar tansend Mann, sondern um ein ganges Armeekorps 
und eine große Verantwortlichkeit handelte. Eben darum war die 
Botschafter-Konferenz als Auskunftsmittel gewählt worden, um die 
Verantwortlichkeit für das, was nun geschehen sollte und mußte, 
gewissermaßen auf ganz Europa abzuladen. Und nicht ganz mit 
Unrecht: die ägyptische Frage war nachgerade in jeder Beziehung
	        
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