526 Übersicht der polilischen Eulwichelung des Jahres 1882.
So ganz war das freilich nicht der Fall: eine Art giftigen Mehl-
thaus war zugleich mit seinem Eintritt ins Amt auf seine Aus-
sichten gefallen. Statt jeden berechtigten Ehrgeiz zu befriedigen oder
doch zu berücksichtigen und das erwartete große Ministerium aus
allen ersten Kapazitäten des Landes und der Kammer unter seiner
Leitung zusammenzusehen, hatte er lediglich seine ergebensten Freunde
herbeigezogen, talentvolle und vielleicht sehr tüchtige jüngere Män-
ner, aber vorerst doch noch erst Größen zweiten Nanges, jedenfalls
bloße Werkzeuge in seiner Hand und von denen er keinerlei Oppo-
sition zu befürchten hatte. Das verletzte viele und einflußreiche
Elemente und verstimmte gang allgemein: das neue Ministerium
machte, statt ein großes zu sein, doch zu sehr den Eindruck einer
bloßen Kameraderie, lediglich dazu bestimmt, ihn und ihn allein
auf das Piedestal zu heben. Doch kam es immerhin noch darauf
an, in welcher Weise er das Regiment führen, welche Maßregeln
er vorschlagen werde. Indeß auch in dieser Beziehung stieß er auf
Mißtrauen und Widerstand. Sein Programm ging in erster Linie
auf eine teilweise Revision der Verfassung. Eine solche verlangte
eigentlich nur die äußerste Linke, die entschiedenen Nadikalen, aber
eine Totalrevision mit weitgehenden Tendengen. Gambetta beschränkte
sie auf die Vestimmungen bezüglich des Senats, dessen Befugnisse er
beschränken wollte, während die Radikalen ihn ganz abzuschaffen
dachten. Auch in jener Beschränkung war die Revision im grunde
ziemlich unnötig und unzweckmäßig, jedenfalls nichts weniger als
dringlich. Gambetta selbst betrieb sie eigentlich nur, um den Senat
dafür zu strafen, daß er am 9. Juni 1881 das von der Kammer
mit 267 gegen 202 Stimmen beschlossene Listenskrutinium seinerseits
durch eine Koalition der monarchischen Rechten mit dem republika-
nischen Zentrum Jules Simon's mit 148 gegen 11.1 Stimmen ab-
gelehnt und damit Gambetta einen großen Strich durch feine Rech-
nung gemacht hatte. Auch dieses Motiv fiel im Grunde weg, als
die Erneuerungswahlen des Drittels der nicht-lebenslänglichen Mit-
glieder des Senats am 8. Januar 1882 eine Niederlage der Rechten
und einen Sieg der Republikaner ergaben, die fortan auf eine an-
sehnliche und sichere Mehrheit auch gegenüber einer Koalition der
Rechten mit dem Zentrum zählen konnten. Weilere Punkte des Pro-
gramms Gambetta betrafen die Einführung des Listenskrutiniums, die
Stärkung der Regierungsautorität überhaupt, auch gegenüber den
Kammern, und den allmäligen Rückkauf der Eisenbahnen für den