Übersicht der polililchrn Eulwichelung des Jahres 1882. 533
führte, das die bieherige Stellung der Europäer in Agypten über-
haupt völlig unhaltbar machte. Jetzt mußte gehandelt werden.
Inzwischen waren die Anschaungen Frankreichs und Englands über
Agypten langsam auseinandergegangen: England hatie lange von
einem Eingreisen in die Entwickelung der ägyptischen Revolution
nichts wissen wollen: allmählich aber war es auf andere Gedanken
gekommen und zwar in demselben Maße. in dem Frankreich seiner-
seits bedenklich wurde und vor einem solchen zurückscheute. Endlich,
im Juli, zerhieb England den Knoten durch das Bombardement
von Alerandrien und zwar ohne Frankreich, dessen Flotte in diesem
entscheidenden Momente sich bei Seile drückte. Frankreich suchte
nun seine Interessen unter den Schutz der Mächte zu stellen: ein
Mandat Europas hätle Freycinet allerdings jeder Verlegenheit, jeder
Schwierigkeit enthoben: einem solchen hätle auch die Kammer ohne
Zweisel nur zu gerne entsprochen. Es folgte die Konstantinopler
Votschafter-Konferenz, aber sie führte zu keinem Resultat: sie erteilte
wohl ein Mandat, aber nicht Frankreich oder Frankreich und Eng-
land, sondern der Pforte, und diese nahm es nicht an oder doch
erst, als es zu spät war. England machle klugerweise bei allem mit,
war aber für sich entschlossen, seine Interessen selbslt und zwar voll
und ganz zu wahren, und um das thun zu können, rüstele es und
das in einem für seine militärischen Verhältnisse ganz ungewöhn-
lichen Umfange. Auch Frankreich rüstete und zwar in ungefähr
demselben Umsange, was ihm ja viel leichter fiel, aber im Grunde
ohne recht zu wissen, was es eigenklich wollte, nur für alle Fälle
und um mit England mehr oder weniger doch Schritt zu halten.
Als es klar geworden, daß die Botschafter-Konferenz in Agypten
nicht durchgreifen wolle und es auch nicht wohl könne, standen schon
englische Truppen in ziemlicher Angahl in Alexandrien und konnte
kein Zweisel mehr darüber walten, daß England entschlossen sei,
Arabi und die ägyptische Revolution von sich aus niederzuwerfen.
Eine Beteiligung dabei slellte es Frankreich immerhin fortwährend
frei. Die Rücksicht auf die Stimmung der Kammer bewog indes
Freycinet, darauf nicht einzugehen, er wagte es nicht einmal, der
Kammer die Frage auch nur vorzulegen, und diese selbst billigte
zwar nur stillschweigend, aber eben dadurch thatsächlich diesen Ent-
schluß. Nur von vornherein sich von jeder Beteiligung auszuschließen
und damit auf Agypten geradezu zu verzichten, das schien Freycinet
doch unthunlich, ja unmöglich. Er begnügte sich indes, sich mit