544 übersicht der polilischen Enlwickelung des Johres 1882.
friedigung des Reichskanzlers über dieses fo schnell erreichte und be-
reits eingelebte Verhällnis der deutschen Fürsten zu Kaiser und
Reich, der er gelegentlich öffentlich einen so prägnanten Ausdruck
gegeben hat, war an sich wohl berechtigt und kann auch der Nation
zur Befriedigung gereichen. Im ferneren aber, wenn auch mit den
schon genannten Momenten aufs engste zusammenhängend, ruht das
Reich fest und sicher auf der Organisation, dem Geist und der
Schlagsertigkeit des deutschen Heeres. In der bewährten Hand des
Kaisers als ihres obersten Kriegsherrn ist sie ein geradezu bewun-
dernswertes und fast vollkommenes Kriegsinstrument, wie die Welt
es bisher noch nicht gesehen hat, dessen Grundlagen feststehen und
von keiner Seite in Frage gestellt werden, und das auf dieser Grund-
lage sich stätig mit ebenso großem Eifer als Einsicht immer ver-
vollkommnet, ein Gegenstand der Bewunderung und der Nacheiferung,
selbst des Neides für alle anderen Nationen Europas. Es ist wahr,
die Last ist eine gewaltige und die Nation fühlt und trägt sie wirt-
schaftlich vielfach als eine solche; aber sie trägt sie zu einem guten
Teile doch gerne und zwar nicht bloß aus Pflichtgefühl, sondern
auch aus Freude am Kriegshandwerk, das nun einmal nicht ent-
behrt werden kann. Und dann darf auch nicht übersehen werden,
daß die deutsche Armee, so wie sie ist und gehandhabt wird, zugleich
ein großes moralisches Element darstellt und sich im ganzen auch
als ein Erziehungsmittel der Nation bewährt. Die letzte und solideste
Unterlage für den Bestand, die Einheit und die Macht des Reiches
bildet indeß der Wille der Nation, der sich seit zwanzig und mehr
Jahren in keiner Weise geändert hat. Es ist ganz richtig, daß das
deutsche Volk ohne den Kaiser und ohne Bismarck, es höchst wahr-
scheinlich heute noch zu keinem praktischen Gebilde gebracht hätte
und sich vielleicht heute noch in erfolglosen Vemühungen abarbeiten
würde; aber ebenso ist es auch außer aller Frage, daß ohne den
Drang und den festen Willen der Nation, ihre Einheit wieder her-
zustellen, der Kaiser und Bismarck und Moltke nie und nimmer
das zu stande gebracht hätten, was sie nur mit und durch die Nation
unternehmen und vollführen konnten. Es ist begreiflich, daß die
VBegeisterung für etwas, das man erst erringen will, größer ist, als
für das, was man hat; aber es ist, was man auch sagen mag,
nicht wahr, daß der Wille der Nation, das Errungene zu behalten
und zu wahren, auch nur im mindesten abgenommen habe. Der
Wille ist noch immer eben derselbe und ganz unabhängig davon