übersicht der polilischen Enlwichelung des Jahres 1882. 563
des Landes und stand daher den Gzechen längst arg im Wege: im
Jahre 1882 aber ist es ihnen nunmehr gelungen, die Zweiteilung
derselben in eine deutsche und eine czechische bei der Regierung und
im Reichsrate durchzusetzen und sie hoffen stark darauf, daß mit
Hilse derselben Kräite die letzlere wenigstens an Zahl, da es eine
zechische Wissenschaft überall nicht gibt, blühen und gedeihen, die
erstere dagegen unter ihrem Drucke allmälig absterben werde. Es
sehlt den Czechen zu ihrer Herrschaft in Böhmen gar nichts mehr,
als eine Auflösung des Landtags und Neuwahlen, wobei sie aller-
dings darauf zählen können, auch in diesem eine czechische Mehrheit
statt der annoch bestehenden deutschen zu erlangen; aber auch das
hojfen sie und wohl nicht ganz mit Unrecht, heute oder morgen vom
Ministerium Taaffe zu erlangen. In Galizien sind die deutschen
Elemente, die dort doch nie recht Wurzel zu fassen vermocht haben,
längst beseiligt, und wenn dort noch einige dentsche Beamte funk-
tionieren, so sind es Cisenbahnbeamte, die von der deutschen Zen-
traldirektion der österreichischen Staatsbahnen in Wien dahin ge-
schickt worden sind; auch diese sind den Polen ein Dorn im Auge
und sie arbeiten daher stark daran, daß die galizischen Vahnen einer
sog. Filialdirektion in Lemberg unterstellt werden, was sie wohl auch
trotz gewisser militärischer Vedenken früher oder später durchsetzen
mögen. Die Polen sind in Galizien nicht nur die herrschende, son-
dern auch die ausschließlich herrschende Nationalilät, obgleich sie
an Zahl nur wenig mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus-
machen. Die andere Hälfte bilden die Nuthenen; aber diese werden
von den Polen in jeder Weise beeinträchtigt, bei Seite geschoben
und unterdrückt, so daß ihre Vertreter im Landtage nicht einmal
den zehnten Teil aller Landboten darstellen und nicht das mindeste
zu sagen haben, zum wahren Hohn auf die von den Polen selbst,
von der flavischen Majorität des Reichsrats und vom Ministerium,
Taaffe beanspruchte und proklamierte „Gleichberechtigung aller Na-
tionalitäten“, die für die Ruthenen nicht gilt und nur da in An-
wendung kommt, wo sie gegen die Deutschen ins Werk gesetzt werden
kann. Die Polen fühlen die Anomalie freilich selbst und daß den
Ruthenen im Grunde dasselbe Recht zustände, wie ihnen, den Czechen,
den Slovenen 2c. und sind daher unablässig bemüht, sie durch Verfolg-
ungen herabzudrücken. So haben sie im Jahre 1882 einen Hochverrats-
prozeß gegen ihre angesehensten Führer in Szene gesetzt, der lange
viel Lärm machte, aber in Wahrheit so wenig begründet war, daß
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