Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

übersicht der polilischen Enlwichelung des Zahrts 1882. 567 
lediglich billige „Gleichberechtigung“ aller Rationalitäten Hsterreichs. 
verkündete und uns heute noch glauben machen will, daß es das 
und nur das im Auge habe, das aber längst weit darüber hinans- 
gegangen ist, schwere Einbußen erlitten. Deutsche Männer und 
deutscher Geist waren es, welche Ssterreich gegründet und es durch 
ihre Anstrengungen allmählich auf die Höhe gehoben haben, auf 
der es jetzt steht; deutiche Männer und deutscher Geist haben als 
Frucht langjähriger Mühen einen gewaltigen dentschen Keil in die 
damals noch schlummernde östliche flavische Welt getrieben und rohe, 
unwissende, halbbarbarische Massen erzogen und eivilisiert. Soweit 
es nun das Verhängnis oder vielmehr der natürliche Gang der Ent- 
wickelung menschlicher Dinge mit sich bringt, daß die Massen, diese 
verschiedenen flavischen Stämme nachgerade zur Selbständigkeit he- 
rangewachsen sind, des Gängelbandes ihrer Erzieher nicht mehr be- 
dürfen und sich von ihrem weiteren und bleibenden Einflusse, zumal 
soweit er sich unter der Form einer Art Herrschaft darstellt, zu ent- 
ziehen suchen, soweit müssen die Deutschen dieses Schicksal als ein 
unausweichliches über sich ergehen lassen und sich fügen, wenn es 
auch nur natürlich ist, daß sie sich wehren und nur allmählich, 
nur soweit als jene wirklich berechtigt und sie selbst gewissermaßen 
überflüssig geworden sind, zurückweichen. Aber elwas anderes ist 
es, wenn sie in dem Hause, das sie gegründet und an dem sie jeden- 
falls und ganz wesentlich mitgebaut haben, einfach und ohne alle 
Rücksicht nicht mehr geduldet werden und man ihnen nur die Wahl 
läßt, fernerhin entweder bloß mehr als Knechte in dem Hause, in 
dem sie bisher als Mitberechtigte wohnen zu dürsen glaubten, weiter 
zu bleiben oder aber mit Gewalt aus demselben hinausgeworfen zu 
werden. Das aber ist die Lage der Deutschen in den slavischen 
und gemischten Provinzen HSsterreichs, das bietet ihnen das System 
des Grafen Taaffe, wenn auch seine Worte etwas schöner lauten. 
Da ist es wohl begreiflich, wenn das Deulschtum gegen diese sich 
überstürzende Entwickelung und gegen das System Taaffe mit aller 
Macht ankämpft in den Provinzen und im Reichsrate zu Wien, 
und wohl zu entschuldigen, wenn es manchmal nicht ohne Leiden- 
schaft geschieht und diese Leidenschaft hie und da die sonst beobachteten 
Schranken überspringt und selbst die zahlreichen Konfiskationen nicht 
achtet, die das System Taaffe jeden Augenblick auf die angesehensten 
Organe ihrer Presse niederschmettert. Im Ganzen haben die Deut- 
schen in Öslerreich eine nicht hoch geung anzuerkennende Mäßigung
	        
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