Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

42 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 14 -16.) 
14. Februar. (Bayern.) II. Kammer: die ultramontane 
und orthodox-protestantische Mehrheit derselben lehnt ihren Beitritt 
zu dem vermittelnden Beschluß der I. Kammer bez. Simultanschulen 
definitiv ab und genehmigt auch in zweiter Beratung den Gesetzes- 
antrag Luthardt im Sinne der ausschließlichen Konfessionsschule mit 
81 gegen 60 St. (s. 4. Febr.) 
15. Februar. (Bayern.) I. u. II. Kammer: einigen sich 
schließlich über einen von der ultramontanen und orthodox-protest. 
Mehrheit ausgegangenen Antrag betr. schärfere Bestrafung des 
Conkubinats. 
II. Kammer: beschließt neuerdings nach dem Antrage Hafen- 
brädl's die Aufhebung des siebenten Schuljahres mit allen ultra- 
montanen Stimmen gegen die der liberalen Linken und der 4 ortho- 
doxen Protestanten. Der Kultminister v. Lutz hatte vorher in ein- 
stündiger Rede dargelegt, warum er die Hand zu dieser Aufhebung 
nicht bieten könne. Doch stellt er einige Änderungen und Mil- 
derungen in der Handhabung des Gesetzes in Aussicht, durch welche 
ein wesentlicher Teil der vorgebrachten Beschwerden beseitigt würde. 
15. Februar. (Elsaß-Lothringen.) Landesausschuß: be- 
schließt auf den Antrag Grad's einstimmig: 
„Die Landesregierung zu ersuchen, die nötigen Schritte bei der Reichs- 
regierung zu tun, um Elsaß-Lothringen eine endgiltige, seine politischen 
Befugnisse regelnde und seinen Abgeordneten die parlamentarische Unverletz- 
lichkeit zusichernde Verfassung zu geben.“ 
16. Februar. (Deutsches Reich.) Der russische General 
Skobeleff hält in Paris eine neue Brandrede gegen Deutschland und 
für ein Bündnis aller Slaven mit Frankreich, um gemeinsam die 
Übermacht Deutschlands zu brechen. Der Kaiser ruft ihn nach 
Rußland zurück, um sich zu verantworten. Die gesammte deutsche 
Presse beschäftigt sich in Folge davon neuerdings mit der Frage 
Skobeleff, welche von der konservativen „Kreuzzeitung“ dann dahin 
abgeschlossen wird: 
„Was den General Skobeleff betrifft, so kann die Frage als ziemlich 
abgetan betrachtet werden; aber die russische Frage ist in der allgemei- 
nen Präokkupation eben an die Stelle der Frage Skobeleff getreten. Letztere 
hat den traurigen Zustand enthüllt, in welchem sich Rußland überhaupt 
befindet, und trotz der Beruhigungsversuche, die von dort aus gemacht wer- 
den, will sich eben die öffentliche Meinung nicht darüber zur Ruhe geben, 
daß die Zustände Rußlands uns auch zur größten Wachsamkeit veranlassen. 
Glücklicherweise ist in unserem ganzen Volke die Meinung wohl ungeteilt, 
daß wir in diplomatischer wie in militärischer Beziehung nicht 
den entferntesten Grund zur Besorgnis haben, selbst wenn es in dem Nach- 
barreiche noch zu größerer Verwirrung und Zerrüttung kommen sollte. Es
	        
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