Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 25.) 45
Amtsgenossen für das treue Ausharren unter so großen Schwierigleiten
gerne Meine warme Anerkennung aus und versichere Sie etc."
Die Absicht des kgl. Handschreibens kann nicht zweifelhaft sein: der
König spricht seine volle Billigung der Haltung des Ministeriums seit dem
Beginn der Kammersession aus und will sich die Entlassung derselben von
der ultramontanen Kammermehrheit nicht abtrotzen lassen. Die Rechte
des Staats gegenüber hierarchischen Gelüsten und damit die Möglichkeit
des paritätischen Staats, der Bayern ist, will er entschieden aufrecht erhalten
wissen. Nicht bloßer Zufall wird es ferner sein, daß das kgl. Handbillet
kurz vor Beginn der Beratung des Kultusetats erfließt; vielleicht darf man
es geradezu als eine indirekte Antwort der Krone auf die staatsrechtliche
Deduktion des Kultusetatsreferenten Dr. Rittler über die Konkordatsfrage
und die Tegernseer Erklärung betrachten. Unter solchen Umständen verliert
die vorstehende Beratung des Kultusetats nach der politischen Seite hin fast
alles Interesse. Die Opposition wird sich mit einer Anzahl, allerdings nicht
großer und entschieden nicht prinzipieller Konzessionen, die der Minister ihr
bereits in Aussicht gestellt hat und zu deren Genehmigung der König bereit
ist, begnügen müssen.
Zwischen dem Handschreiben des Königs von Bayern und dem Erlaß
des Königs von Preußen ist ein gewisser Unterschied. Allerdings hat auch
in Bayern der König verfassungsmäßig das Recht, sich die Minister zu
wählen und damit „die Politik des Staates nach eigenem Ermessen zu leiten
und sich ein ultramontanes Ministerium nicht von der Mehrheit der II. Kam-
mer aufdrängen zu lassen, aber das deutet der König als selbstverständlich
nur indirekte an. Sein prägnantes persönliches Hervortreten hat zunächst
einen anderen Zweck. Die gesamte ultramontane Presse, und die ll. Kammer
wiederhallt seit einiger Zeit von dem Rufe: das katholische Volk in Bayern
seufzt unter dem liberalen Drucke! Die kalholische Kirche ist in Gefahr!
Das wäre nur wahr, wofern die katholische Kirche in Gefahr und unter-
drückt ist, wenn — sie nicht über der Staat herrscht. Das ist in Wahr-
heit wohl der Punkt, der den König von Bayern bewogen haben wird,
seine Meinung in feierlicher und unzweideutiger Weise kundzugeben. Nicht
weil er „das Recht des Königs, die Regierung und die Politik des Staates
nach eigenem Ermessen zu leiten, bedroht glaubt, nicht um „über das ver-
fassungsmäßige Recht des Königs zur persönlichen Leitung der Politik der
Regierung jeden Zweifel zu beseitigen,“ sondern „um die unzweifelhaften
und notwendigen Rechte des Staates gegen alle Bestrebungen zu schützen,
welche darauf abzielen, diese Rechte“ — nicht des Königs zur Leitung der
Regierungspolitik sondern — „des Staates zurückzudrängen und Staat und
Kirche in eine unheilvolle feindliche Stellung zu bringen.“ In dem Erlaß
des Königs von Bayern handelt es sich also nicht um Wahrung der ver-
fassungsmäßigen Rechte der Krone, sondern um Wahrung der Rechte
Staates in dem von den ultramontanen Führern wieder heraufbe-
schworenen Kampfe zwischen Staat und Kirche.
25. Februar. (Deutsches Reich.) Der Gesetzentwurf betr.
Einführung des Tabakmonopols ist den Regierungen zugegangen.
Die Motive sollen nachfolgen.
Der Gesetzentwurf ist sehr umfangreich und detailliert. Der wich-
tigste Abschnitt ist der erste, der die allgemeinen Grundlagen für das Mo-
nopol enthält und folgenden Wortlaut hat: „§ 1. Der Ankauf von Roh-
tabak, abgesehen vom Ankauf zur Ausfuhr in den Fällen des § 26, die
Herstellung von Tabaksfabrikaten und der Verkauf von solchen stehen aus-