Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 25—28.) 47
in Ungarn und Siebenbürgen den Vedrängern seiner Sprache und Kultur
preisgegeben ist, um so gerechtern Anspruch hat er auf die werktätige
Sympathie des ganzen deutschen Volkes. Der allgemeine deutsche Schulverein
hat es sich zur Ausgabe gestellt, die deutsche Schule, wo immer sie außerhalb des
deutschen Reiches der Hilfe bedarf, nach Kräften zu unterstützen. Daß ihm Un-
garn ein besonders reiches Feld pflichtvoller Tätigkeit darbietet, wird von
niemand mehr als den Unterzeichnern bedauert, welche sich wohl bewußt
sind, daß Friede und Gesittung unseres Erdteils zu erheblichem Teil auf
dem redlichen Zusammenwirken des deutschen Reiches und der österreichisch-
ungarischen Monarchie beruhen, daß aber auch der Bestand von Ungarn
am besten gesichert ist, wenn der herrschende Stamm gegen die Mitbürger
anderer Nationalitäten die schwer vermißte Gerechtigkeit übt.“ Die Antwort
wurde von einem Unterausschusse des Vereins in Berlin bestehend aus den
HH. Reg.-Nat Böckh, Prof. Brunner, Dr. Falkenstein. Prof. Gneisl, Prof.
Goldschmidt und Prof. Wattenbach vorberaten und festgestellt.
25. Februar. (Preußen.) Herrenhaus: nimmt, dem Drängen
des Finanzministers nachgebend, den § 24 des neuen Wittwenpensions-
gesetzes, welches die Lehrer an höhern und niedern Schulen von den
Wohltaten des Gesetzes ausschließt, an,
obwohl die Kommission unter Vorsitz des Herrn Camphausen diese
Ausschließung als unbillig mit 11 gegen 9 Stimmen abgelehnt hatte. Herr
Bitter läßt sich sogar, um den betreffenden Ausschließungs- paragraphen zu
erhalten, zu der Drohung herbei, er werde, wenn das Herrenhaus denselben
verwerfe, fernerhin alle Unterstützungs- gesuche der Kommunen für Lehrer-
witwen u. s. w. ablehnen. Auch im Jahre 1871, als sämtliche Beamten-
gehälter eine bedeutende Erhöhung erfuhren, waren allein die Lehrer von
Herrn v. Mühler übergangen worden, und erst die Bemühungen der
liberalen Minister Camphausen und Falk verhalfen den Lehreren zu ihrem
Rechte.
Abg.-Haus: bei der Fortsetzung des Etats des Ministeriums
des Innern führt Stöcker eine Judendebatte herbei, die zwar sehr
lebhaft sich gestaltet, jedoch nichts Neues zu Tage fördert.
26. Februar. (Preußen.) Der Handelsminister Fürst Bis-
marck erklärt der Handelskammer von Hannover auf ihren Protest
vom 19. v. M. gegen sein Reskript vom 30. Nov. v. J., er werde
abwarten, ob dieselbe den Anordnungen des Reskripts nachkommen
oder sie unbefolgt lassen werde; sollte letzteres der Fall sein, so
werde er die Handelskammer auflösen. Es ist demnach anzunehmen,
daß auch die anderen Handelskammern, welche sich dem betreffenden
Reskript nicht gefügt haben, mit Auflösung bedroht sind.
28. Februar. (Preußen.) Eröffnung der Session des preuß.
Volkswirtschaftsrates durch den Staatsminister v. Bötticher Namens
des Handelsministers Fürsten Bismarck. Den Vorsitz in den zunächst
stattfindenden Plenarversammlungen wird gleichfalls der Minister
v. Bötticher führen. Als Beratungsgegenstände werden dem Volks-