Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 2.- 3.)
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sachlich erledigt. Die Behauptung, daß die katholischen Geistlichen in Staats-
anstalten erzogen würden, sei ohne tatsächlichen Anhalt; ihre Ausbildung
erhielten dieselben an den Lyceen und bischöflichen Seminarien, und bei
ersteren habe der Staat eigentlich nur das Geld zu zahlen. Was den Re-
ligionsunterricht an den Gymnasien betreffe, so sei hier die größte Schwierig-
keit, tüchtige Religionslehrer zu erhalten. Der Staat würde sich freuen, diese
Lücke ausgefüllt zu sehen. Die Klagen über die Volksschullehrerbildung an-
langend, so seien die darauf bezüglichen Vorschriften von dem Minister in
den Verordnungen von 1857 und 1866 vorgefunden worden und die darin
enthaltene Vorschrift über die Ernennung geistlicher Vorstände an den Bil-
dungsanstalten bestehe noch zu Recht. Man werde, wenn sich passende Per-
sönlichkeiten finden, bereit sein, solche anzustellen. Über die Daller'schen
Klagen, daß die Religionsübung auf den Mittelschulen nicht überwacht
würde, beruft sich der Minister zum Beweis für das Unpädagogische der
damit gemeinten früheren Zustände und ihre schlimmen Wirkungen auf die
eigene Erfahrung. Wenn als Klage geltend gemacht worden, daß in den
Lehrerinnenanstalten kein Gebet vorgeschrieben sei, so übersehe man, daß bei
ihnen kein Internat, somit auch keine Hausordnung bestehe. Daß bei der
Empfehlung von Lehrmitteln einzelne Mißgriffe geschehen, sei gewiß, aber
ebenso auch, daß bei jeder begründeten Anzeige auch gleich Abhilfe geschehen.
Manchmal freilich habe man, statt der pflichtmäßigen Anzeige, es vorgezogen,
aufreizende Artikel in Schmutzblätter zu senden. Wenn über die Art der
Besetzung der Pfarreien geklagt worden, so verstoße es nicht gegen das der
Kirche versprochene Wohlwollen, wenn die Regierung sich weigere, unwür-
dige und verläumderische Angriffe durch die Beförderung ihrer Urheber auf
bessere Stellen zu belohnen. Gewiß sei die Forderung berechtigt, daß die
Schule nicht gegen den Willen der Eltern den Kindern irreligiöse Lehren
beibringe; darüber werde aber mit Recht auch gewacht. Eine prinzipielle
Lösung solcher Fragen habe jedoch noch nirgends allgemeine Befriedigung
erzielen können. Der Minister kam dann auf die Aufhebung der Verordnung
von 1852 zu reden. Dieselbe sei notwendig gewesen, weil die darin ent-
haltenen Zugeständnisse zum Teil gegen die Verfassung gegangen, z. B. die
vorhergängige allgemeine Erteilung des Placets, welche dem Begriff und
Wesen der Konstitution widerspreche; weil sie außerdem nach Art der Te-
gernseer Erklärung Vorschriften für die Auslegung von Gesetzen im Ver-
ordnungswege aufstellte, wogegen sich als eine ungesetzliche und widerrecht-
liche Zumutung seiner Zeit der damalige Abgeordnete und jetzige Ober-
staatsanwalt Hauck entschieden verwahrt, weil sie weiter zum großen Teil
nichtssagende ablehnende Bemerkungen enthalten und weil die geforderte
Gegenseitigkeit Seitens der Bischöfe nicht gewährt worden. Dies habe eine
unwürdige Stellung des Staates hervorgerufen, der ein Ende gemacht wer-
den mußte. Der Minister erklärt noch, daß der verstorbene König Maxi-
milian II. nur unter der ausdrücklichen Bedingung die darin enthaltenen
Zugeständnisse gemacht, daß in allen übrigen Punkten die Kirche und ihre
Oberen den Vorschriften der Verfassung strenge nachkommen. Wie wenig
dies dann geschehen, sei bekannt. Immerhin sei die Regierung jetzt bereit,
in einigen Punkten auf jene Verordnung zurückzugreifen, aber durchaus
nicht durch Wiedererlassung einer solchen Vorschrift, sondern durch eine Ver-
waltung in diesem Sinne. Man sei bereit, bei der Anstellung von Lyzeal-
professoren und Professoren der theologischen Fakultät ein bischöfliches Gut-
achten über den moralischen Standpunkt und sittlichen Wandel des zu Er-
nennenden einzuholen, das Aufsichtsrecht auf Religion und Sittenlehre zu
gewährleisten und über geistliche Schulinspektoren vor deren Ausstellung vor
wie nach mit dem Bischofe in's Einvernehmen zu treten. Als allgemeine