Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 3—4.) 61 
Verständigung gesprochen. (Sehr richtig! links) Diese Herren gehören zu 
den Führern ihrer Partei und in ihren eigenen Kreisen sind welche, die mit 
mir vollständig einverstanden sind, (Rufe links: Hört! Widerspruch, Lärm 
rechts) — nicht in der Fraktionssitzung, aber unter vier Augen. (Lachen 
rechts.) Wenn die Sache so liegt, muß man doch vorsichtiger sein mit seinen 
Anklagen. Die Politik, die ich in meiner Zeitung vertreten habe, habe ich 
mich nie gescheut, auch im Landtag zu vertreten. Glauben Sie, daß ich mich 
vor Ihnen gefürchtet habe: Es war nur eine ganz natürliche Reserve, die 
ich mir auferlegte, dadurch, daß ich mir sagte, daß die Ereignisse mir Recht 
geben werden. Und Sie sind auch bereits in das Fahrwasser der Verstän- 
digung eingelaufen, und wenn Sie das nicht erkennen und sagen wollen, so 
täuschen Sie sich selbst, Sie sind nur noch nicht einig über das Maß der Ver— 
ständigung, Sie wollen noch mehr herausbringen. (Große Unruhe rechts. 
Rufe links: Hört!) Aber tatsächlich stehen Sie auf dem Standpunkt, den ich 
seit Jahr und Tag empfohlen habe. Ich meine, man sollte sich Angesichts 
dessen nicht auf einmal mit solcher Löwenmiene umgeben! (Sehr gut! links.) 
Einem Ministerium, das das Vertrauensvotum des Königs zum wiederholten 
male in der Tasche hat, werden sie damit nicht imponieren, sondern dieses 
ist über die Lage Ihrer Fraktion ganz genau unterrichtet. Sie werden sich 
auch täuschen, wenn Sie vielleicht glauben, von mir, sondern ich sage einfach: 
dazu braucht man bloß zwei gesunde Augen, um zu sehen, wie die Sache 
bei Ihnen steht. Deßwegen müssen Sie zur Verständigung schreiten, ob Sie 
wollen oder nicht, und ich gebe Ihnen noch den guten Rat: Tun Sie es 
lieber heute als morgen. (Großes Gelächter rechts.) Darüber ist kein Zweifel 
und das spreche ich auch aus, daß in Bayern verfassungsmäßig die Krone 
das Recht hat, die Minister zu ernennen und zu berufen, und mit dieser 
Tatsache müssen Sie rechnen, ob Sie wollen oder nicht. Mit dieser Tatsache 
muß man in unserem Staat durchaus rechnen, wenn einer Anspruch darauf 
macht, daß er Politik treibt. Sonst treiben Sie Politik ins Blaue hinein 
und werden zu demselben  Resultat kommen, wie vor sechs Jahren. Sie 
haben damit für das Land gar nichts erreicht, jetzt sind Ihnen wenigstens 
Konzessionen angeboten, und sogar einige von Wert, und ich rate Ihnen, 
markten sie nicht mehr lange, schlagen Sie in die Hand ein und wir werden 
in Bayern auf diese Weise zu geordneten Zuständen gelangen. Wir haben 
in Bayern zwei große sich entgegenstehende Parteien. Ich will nicht sagen, 
daß nicht die Wahlkreiseinteilung der linken Seite viel nachgeholfen hat, 
aber immerhin ist die Linke eine bedeutende Partei; Sie haben die Kammer 
der Reichsräte gegen sich .. Ja, da gilt es doch Frieden zu machen, umso- 
mehr, wenn das Bedürfnis nach Frieden im Lande vollständig vorhanden 
ist, und wenn ich gewußt hätte, daß ich heult provoziert werde, hätte ich 
Ihnen mit Briefen das beweisen können. Ich behaupte, daß meine Politik 
im Lande draußen viel größere Zustimmung findet, als auf der rechten 
Seite dieses Hauses. (Widerspruch rechts.) Das Land sehnt sich nach diesen 
Parteikämpfen einmal nach Ruhe und Frieden. Ich bedauere, daß mich 
Herr Kopp provozierte, das Alles zu sagen. Aber wenn sie wieder etwas 
von mir wollen — ich stehe zu Diensten! 
4. März. (Baden.) I. Kammer: Minister Turban beant- 
wortet eine Interpellation bez. einer Enquete über die Verschuldung 
des kleinen und mittleren Bauernstandes dahin, daß nach der all- 
gemeinen Landwirtschafts-Statistik einer solchen Enquete Bedenken 
entgegen stehen, daß aber die Regierung wie Bayern für 1880 mit 
einer Statistik der Zwangsvollstreckungen beginnen werde.
	        
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