332 Zlalien. (April 28 — Mai 9.)
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Der Gesetzentwurf teilt das gesamte Eisenbahnneb in drei große
Gruppen: die adriatischen, die mittelländischen und die sizilischen Eisen-
bahnen. Die Hauptbedingungen für die Erteilung der Konzessionen sind die
folgenden: Die Konzessionäre: baben dem Staat das gegenwärtig vorhandene
Bewriele ematerial abzukaufen. Die Regierung kann ex ollicio gewisse Herab-
sehungen der im Kontrakt vorgesehenen Tarife verlangen, welche in einem
Auhange zum Geseßtz spezifiziert sind. Der Staat partizipiert an dem direkten
und indirekten Bruttoertrage. In den Kontrakten kann ein Minimum des
an den Staat abzuführenden Gewinnanteils festgesenzt werden; in diesem Falle
gebührt dem Staate außerdem die Häljte des Gewinnüberschusses, wenn der
Reinertrag 7½ Prozent des Aktienkapitals übersteigt. Ein Vierteil der Mit-
glieder der Verwaltungsräkr. wird von der Regierung ernannt. Nur ein
Dritteil der Mitglieder darf ausländischer Nationalität sein; auch diese aber
müssen ihren Wohnsitz in Italien haben. Die Dauer der Konzessionen darf
60 Jahre nicht übersteigen; doch hat die Regierung gleich den Konzessionären
das Recht, nach je 20 Jahren den Kontrakt zu kündigen. über Streitigkeiten
zwischen beiden Teilen wird ohne Appell durch eine Permanenzkommission
entschieden, welche aus dem Vorsihenden des römischen Appellhofes, aus zwei
Mitgliedern des Staatsrats, zwei Regierungsfunktionären und zwei Vertretern
der Gesellschaften besteht.
28. April — 7. Mai. Die Ankunft des neuvermählten Fürsten-
paares in Rom, wo vor allem die Civiltrauung nach dem ita-
lienischen Gesetz stattfindet, gibt Anlaß zu großen Volksfesten und
zu lebhaften Demonstrationen für die Neuvermählten, den König
und das königliche Haus. Der Vatikan ist dagegen der neuen Ver-
bindung nicht allzu freundlich gesiunt und der Papst spendet wohl
der Hergogin seinen Segen, verweigert ihn aber dem Herzog.
4. Mai. Abschluß eines Handelsvertrags mit Deutschland.
Dieses hat dabei, offenbar auch aus Gründen der Politik, Italien
die möglichsten Konzessionen gemacht.
9. Mai. II. Kammer: Dopretis spricht sich neuerdings ent-
schieden gegen die Umtriebe der Irredentisten aus und rechtfertigt
die energische Unterdrückung derselben durch die Regierung. In der
Debatte, die sich daran knüpft, tritt indes die Thatsache unleugbar
zu Tage, daß nicht nur die äußerste Linke, sondern auch ein erheb-
licher Teil der sog. historischen Linken und sogar ein Teil des Mini-
steriums selbst darüber ungufrieden ist, daß die konservative Partei
unter der Führung Minghettis seit dem vorjährigen Programm von
Stradella und dem Zusammentritt der neuen Kammer sich der Re-
gierung angeschlossen und die Regierungspartei verstärkt hat (den
sog. Transformismo). Von allen Seilen wird daher eine Klar-
stellung der inneren Lage gewünscht und Nicotera kündigt zu diesem
Ende hin eine Interpellation an, die sofort in Behandlung ge-
nommen werden soll.