Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 15-160.) 61
Band mit dem mächtigen deutschen Reiche sehr populär, im Vatikan
sieht man sie dagegen nichts weniger als gern.
Mitte April. (Deutsches Reich.) Die auf Anordnung des
Bundesrates vorgenommene Berufsstatistik ist nunmehr in allen
deutschen Staaten zu Ende geführt und wird eine höchst wichtige,
solide Grundlage für sozialpolitische Studien und legislatorische
Zwecke bilden.
Mitte April. (Deutsches Reich.) Die Blätter konstatieren,
daß der neue Chef der Admiralität, General v. Caprivi, nicht, wie
sein Vorgänger General v. Stosch, auch zum preußischen Staats-
minister ernannt worden, also dem Reichskanzler entschiedener als
dieser untergeordnet sei.
16. April. (Deutsches Reich.) Bundesrat: stellt das Budget
für 1884/85 zur Vorlage an den Reichstag fest.
16. April. (Mecklenburg-Schwerin.) Großherzog Friedrich
Franz II. +.
Dem mecklenburgischen Fürstenhause haben die Zustände seines Landes
bei einem Teile der öffentlichen Meinung von Deutschland einen Namen ge-
schaffen, den es nicht verdient. Die älteste in ununterbrochener Folge regie-
rende deutsche Dynastie, hat das Haus Werle sich dennoch in seinem Lande
nicht in den Besitz der fürstlichen Souveränetät bringen können; nach langen
Wirren mußte mitten in der Zeit des landesherrlichen Absolutismus das
Fürstentum in Mecklenburg durch den landesgrundgeseblichen Erbvergleich
von 1755 vor seinen Ständen kapitulieren. Durch denselben wurden im
Lande Mecklenburg die Stande sonverän wie im Reiche die Fürsten; wie dort
der Kaiser so war hier der Landesherr nur primus inter pares, sonverän
nur auf seinen Privatbesitzungen. Fortan bis auf den heutigen Tag blieb
das von zwei Landesherrn regierte Land in drei Teile geteilt; in die Ritter-
schaft i. c. die adeligen wie die bürgerlichen Großgrundbesitzer, die Landschaft
i. c. das Territorium der landtagsfähigen Städte und das Domanium, den
Grundbesitz der Großherzoge. Für das Landvolk namentlich in dem ersten
Landesteile haben die Landesherrn nicht viel thun können; auf ihrem eigenen
Besitz ist die Lage desselben aber musterhaft. Die mit Aufhebung jeuer über-
lebten Verfassung gemachten Versuche sind bekannt: eine am 31. Okt. 1818
zusammengetretene konstituierende Versammlung wurde nach Abberufung der
Strelitzer Deputierten am 22. Aug. 1849 von dem Schweriner Großherzog
aufgelöst, das mit ihr vereinbarte Staatsgrundgesetz aber unter dem 10. Okt.
1849 für Schwerin verkündet. Die Regierung von Strelitz protestierte bei
dem Bundesschiedsgericht des preußischen Dreikönigsbündnisses, die mecklen-
burgische Ritterschaft zu Frankfurt a. M. Ein zu Freienwalde a. O. zu-
sammengetretenes preußisch-hannover, sches Schiedsgericht erklärte am 11. Sept.
156 das Staatsgrundgesetz für rechtswidrig und unter dem 14. Sept. hob
der Großherzog dasselbe auf. Daß der eine konstitutionelle Verfassung in
jedem deutschen Staate fordernde Artikel der Reichsverfassung für Mecklen-
burg noch nicht in Erfüllung gegangen ist, liegt au der Haltung der Ritter-
schaft wie des Strelitzer Hofes; an der Erfolglosigkeit jener Bemühungen wie
an dem Ausgange jenes Versuches von 1848 hat den verstorbenen Großherzog
von Mecklenburg-Schwerin keine Schuld getroffen. Uber seine kriegerische