Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

84 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Ende Juli — Aug. 10.) 
Geschwader der vier schweren Panzerkorvetten „Bayern“, „Württemberg", 
„Sachsen“ und „Baden“ nebst vier schwer armierten gepanzerten Kanonen- 
booten von Kiel in die Nordsee segelte, ließ man absichtlich diese Schiffe, die 
alle keinen großen Tiefgang haben, den Weg durch den Sund nehmen, da- 
mit alle unsere Seeoffiziere auch die dortigen Gewässer praktisch genau kennen 
lernen. Wenn man sich dabei in Kopenhagen durch den Angenschein über- 
zeugt, daß Deutschland jetzt mit Leichtigkeit ein Geschwader von Panzerschiffen 
dahin entsenden kann, welches stark genug wäre, alle dortigen Befestigungen 
sofort zu vernichten, so braucht dies keineswegs als Demonstration gedeutet 
zu werden. 
— Juli. (Deutsches Reich.) Das Projekt des Nordostsee- 
kanals soll nunmehr bis auf die kleinsten Details fertig ausgear- 
beitet vorliegen. 
— Juli. (Deutsches Reich.) Aus Berlin werden, ohne 
Zweifel im Einverständnis mit der russischen Regierung, zahlreiche 
Russen ausgewiesen, welche sich über eine ausreichende Erwerbs- 
thätigkeit nicht genügend auszuweisen vermochten. 
6. August. (Deutsches Reich.) Der deutsche Kaiser trifft 
nach beendigter Kur in Gastein wie alljährlich mit der österreichisch- 
ungarischen Kaiserfamilie in Ischl zusammen. 
6. August. (Preußen.) Versammlung und Beratung der 
preußischen Bischöfe in Fulda. Es haben sich dazu persönlich ein- 
gefunden die Bischöfe von Münster, Ermeland, Trier, Hildesheim 
und Osnabrück; durch Domkapitulare sind vertreten der Fürstbischof 
von Breslau und die Bischöfe von Kulm, Paderborn und Limburg. 
Die Beratungen finden im bischöflichen Palais statt. 
Als Beratungsgegenstände werden genannt: 1) die vollständige Wieder- 
besetzung aller erledigten Seelsorgerstellen; 2) die Gründung katholisch-theo- 
logischer Fakultäten auf protestantischen Universitäten, resp. wenigstens einer 
solchen in Marburg, und damit die Vorbildungsfrage im allgemeinen; 3) die 
Vereinigung der Diözesen Fulda und Limburg zu einem Erzbistume. Der 
wichtigste Beschluß soll dahin gehen, daß die Bischöfe in der schwebenden 
Dispensangelegenheit sich ihrerseits geneigt erklären, der Forderung der preußi- 
schen Regierung zu entsprechen, die letzte Entscheidung dagegen dem h. Stuhl 
überlassen. Gleichzeitig bringt der „Moniteur de Rome“ einen Artikel über 
die „Religiöse Lage in Preußen“, der dagegen Verwahrung einlegt, daß etwa 
der Staat, wie es Hr. v. Gotzler angekündigt hat, einseitig sein Verhältnis 
zur Kirche regelt. Dadurch ist bestätigt, daß in der That der Abbruch der 
direkten Verhandlungen mit Rom vorausgesehen wird. Bemerkenswert ist 
nun die Erklärung des offiziösen päpstlichen Blattes, daß auf dieser Grund- 
lage der Friede niemals geschlossen werden könne, weil weder „ die isolierten 
Bischöfe", noch „die politischen Parteien“ das Mandat haben, eine schwebende 
Frage ohne die Autorisation des h. Stuhles zu lösen. Die Warnung an 
die in Fulda versammelten Bischöfe und an das Zentrum ist augenfällig. 
10. Angust. (Bayern.) Bayerischer Handwerkertag in Regens- 
burg. Aus 36 Orten sind 80 Delegierte anwesend und etwa die 
gleiche Zahl hat sich freiwillig eingefunden. Der im vorigen Jahre