Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

350 Dänemark. (Nov. 3—9.) 
Volk getrost der Zulunft entgegensehen, und die übrigen Bestrebungen für 
die Förderung der Wohlfahrt und der gedeihlichen Entwicklung des Gemein- 
wesens werden dann auch, wie man erwarten darf, einen glücklichen Fort- 
gang nehmen. Indem wir Goktes Segen über Volk und Vaterland herab- 
Hleben. erklären wir hiemit die ordentliche Reichstagssession für eröffnet.“ 
Der Schloßbrand war sicherlich ein Unglück, ein großer Verlust, namentlich 
für Kopenhagen, allein ein eigentliches Nationalunglück war er entschieden 
nicht, weil durch ihn nichts verloren ging, was nicht — wenn auch mit 
einigen Kosten — zu ersetzen wäre. Dagegen besteht doch nicht die mindeste 
Verbindung zwischen dem Brande des Königsschlosses und einer neuen Um- 
wallung Kopenhagens. Und nun kommt man mit diesem Projekt in einem 
Augenblicke, wo man eher an alles andere denken sollte, als an diese aben- 
tenerlichen Pläne, welche der Reichstag schon mehrfach, zum letztenmale erst 
vor wenigen Monaten, unbedingt verworfen hat. 
3. November. Wiederzusammentritt des Reichstags. Die Re- 
gierung legt dem Folkething das Budget für 1885/86 vor. 
Das Budget weist wie gewöhnlich nach, daß die däuischen Finanzen 
sich in der blühendsten Verfassung befinden. Die Einnahmen sind zu 
54,633,000 Kronen, die Ansgaben nur zu 52,787,000 Kronen angeschlagen, 
so daß ein bedeutender überschuß verbleibt; dazu beträgt der Reservefonds 
19 Millionen und der baare Kassenbestand nicht weniger als 47 ½ Mill., 
während die Staats schuld. die fast ausschließlich eine inländische ist, nur 
197 Mill. ausmacht. Daß unter diesen Umständen alle öffentlichen Dui 
tutionen reichlich bedacht werden, kann nicht wundernehmen; es fragt 
aber, ob die zweite Kammer nicht bedeutende Abstriche machen werde. W 
entschieden wird solches bei den Budgeks der Ministerien des Krieges und 
der Marine geschehen, die zusammen sicht weniger als 718,653,000 Kronen, 
also fast 36 Prozent des Ausgabebutgets, beansprucht haben. überdies 
sind noch sehr bedeukende Forderungen für außerordentliche Verteidigungs- 
anstalten, wie Festungsanlagen u. dgl., zu erwarten. Der Finanzminister 
stellt ferner bei der Vorlage des Budgets in Aussicht, daß demnächst ein 
Vorschlag über die anstatt des abgebrannten Schlosses aufmmführenden Neu- 
bauten beim Reichstage werde eingebracht werden, sobald die Pläne Huuer 
gestellt und die Voranschläge gemacht seien. Die Stimmung in der 
position ist jedoch der Wiederaufführung des Schlosses als solchen —585 
ungünstig. 
9. November. Folkething: In der Opposition tritt eine ge- 
wisse Spaltung ein, die jedoch nicht von entscheldender Bedeutung ist. 
Nach einer langen Gärung und nach vielen unzweidentigen Vorboten, 
wie widersprechende Wahlreden, zwiespaltige Wahlen und Gründung eines 
Fraklionsblattes, hat die radikale Lirke sich in zwei Gruppen getrennt, deren 
größere, 26 Mitglieder, unter Hörup steht, während die kleinere, 22 Mit- 
glieder, von Berg geleitet werd. Allem Aunscheine nach hat der Niß 
dch nach heftigen innern Parteikämpfen vollzogen. Als Hauptgrund der 
Spaltung ist zunächst wohl der Umstand anzusehen, daß die Hörup'sche 
Partei bei den innern Beratungen über die Berg'sche immer das übergewicht 
hatte, wodurch Bergs Einfluß sehr beschränkt wurde. Der Grund der Tren- 
nung ist also ein rein persönlicher, doch ist bei Berg anzunehmen, daß ihm 
der bedingungslos trohige Widerstand des Nadikalismus nicht mehr behagt. 
r hat sich nun den Gpeßigden unter dem Grafen Holstein-Ledreborg (23 
Herhatn angesch beschlofsen, da er bei ihnen dasselbe Streben voraussehen darf, 
das er am 3. ei seiner Präsidialrede als einzig gedeihlich bezei huel hat.
	        
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