Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

Uebersicht der polilischen Eulwichelung des Jahres 1884. 479 
Mahdi aufzusuchen und womöglich aufs Haupt zu schlagen, was 
die ganze Bewegung wohl mit Einem Schlage unterdrückt hätte. 
Ihre Hoffnungen wurden aber bitter getäuscht. In den letzten 
Tagen des Jahres 188:3 kam die Kunde nach Kairo, daß jenes 
ganze Heer von den Scharen des Mahdi in einem Engypasse über- 
fallen und bis auf wenige Flüchtlinge mit samt seinem englischen 
Oberbefehlshaber geradezu vernichtet worden sei. Für Aegypten 
war das ein entsetzlicher Schlag: ein Teil seiner Garnisonen im 
Sudan war verloren, ein anderer derselben in Chartum, Berbera, 
Dongola 2c. wenigstens im höchsten Grade gefährdet, ebenso die 
ägyptischen Küstenstädte am Roten Meere; im ersten Moment wurde 
sogar ein Herabfluten und ein Einbruch der fanatisierten Scharen 
des Mahdi in Unterägypten für nicht unmöglich gehalten. Die 
ägyptische Regierung wandte sich in ihrer Not an England. Allein 
dieses erklärte ihr in erster Linie sehr kalt, daß der Sudan aller- 
dings für Aegypten verloren sei, da dieses weder Truppen noch 
Gld habe, um ihn wieder zu erobern und daß England seinerfeits 
nicht die mindeste Lust habe und auch nicht in der Lage sei, ihm 
weder die einen noch das andere seinerseits zu liefern und riet ihm 
daher in zweiler Linie, seine Garnisonen einfach zurückzuziehen, auf 
den Sudan zu verzichten und dem Mahdi zu überlassen. Doch ver- 
ständigten sich beide dahin, den Sultan als den Suzerän von Aegypten 
einguladen, den Sudan seinerseits zu erobern und den falschen Pro- 
pheten aus dem Wege zu schaffen. Die Engländer knüpften indes 
daran die Bedingung, daß der Sultan es auf seine Kosten versuchen 
und zwar nicht etwa von Unterägypten, sondern von Suakim am 
Roten Meere aus, worauf derselbe begreiflicher Weise nicht einging, 
was England zum voraus wußte. Später zog es den Antrag auch 
in aller Form wieder zurück. Denn da der Mahdi seinen Sieg 
nicht weiter verfolgle, sondern ruhig sitzen blieb, so erholten sich 
sowohl Aegypten als England bald von ihrem ersten Schrecken und 
das letztere fand sogar ziemlich rasch heraus, daß das Unglück Eug- 
lische 
Aegyptens vielleicht zum Vorteil Englands ausgenützt werden könne: 
war der Sudan für Aegypten verloren, so konnte er möglicher Weife 
für England erworben werden, soweit ihm das überhaupt konvenieren 
mochte. Es wurde daher in London beschlossen, Suakim, den wich- 
tigsten Ausgangspunkt des Sudans am Roten Meere festzuhalten 
und sich dort wenigstens der Scharen des Mahdi, die dieser seinem 
Statthalter Osman Digma anvertraut hatte, zu erwehren; man ent- 
pi 
I 
ã 
le.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.