Jas dentsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 9- 183.) 7
mittelung der Erbschaftsmasse der Ertragswert der dem Anerbenrecht unter-
worfenen Landgüter zu Grunde gelegt werde. 2) Es möge in dem bürger-
lichen Gesetzbuche das Prinzip des Anerbenrechts auch nach dem System der
Höferolle formuliert und der Landesgesetzgebung vorbehalten werden, dieses
letztere statt des Intestatanerbenrechts (Punkt 1) in betreff der oben bezeich-
neten Güter für ihr ganzes Gebiet oder für einzelne Teile desselben in Kraft
treten zu lassen.
9. Januar. (Nordostseekanal.) Reichstag: verweist die Vor-
lage an eine Kommission. (Vgl. 14. Dezember 1885.)
13. Januar. (Karolinen-Inseln.) Schreiben des Reichs-
kanzlers an den Payst.
Der Reichskanzler beantwortet den Brief des Papstes vom 31. Dez.
1885 ulit folgendem in französischer Sprache abgefaßtem Schreiben:
Berlin, 13. Januar 1886. Sire! Das freundliche Schreiben, womit
Ew. Heiligkeit mich beehrt haben, sowie die hohe Ordensdekoration, welche es
begleitete, haben mir eine große Freude bereitet, und ich bitte Ew. Heiligkeit,
den Ausdruck meiner tiefen Dankbarkeit entgegennehmen zu wollen. Jedes
Zeichen von Billigung, welches sich auf ein Friedenswerk bezieht, woran mit-
zuarbeiten mir beschieden war, ist für mich um so kostbarer mit Rücksicht auf
die hohe Befriedigung, die dasselbe Sr. Majestät, meinem erhabenen Herrn,
verursacht. Ew. Heiligkeit sagen in Ihrem Schreiben, daß nichts besser dem
Geiste und der Natur des Papsttums entspreche, als die Ausübung von Wer-
ken des Friedens. Durch dieselbe Meinung wurde ich geleitet, als ich Ew.
Heiligkeit bat, das edle Amt des Schiedsrichters in dem Streite zwischen
Deutschland und Spanien zu übernehmen, und als ich der spanischen Re-
gierung vorschlug, uns beiderseits der Entscheidung Ew. Heiligkeit zu unter-
werfen. Die Erwägung der Thatsache, daß die beiden Nationen sich hinsicht-
lich der Kirche, welche in Ew. Heiligkeit ihr oberstes Haupt verehrt. nicht
in der nämlichen Lage befinden, hat mein festes Vertrauen in die erhabenen
Auffassungen Ew. Heiligkeit, welche mich der gerechtesten Unparteilichkeit Ihres
Spruches versicherten, niemals abgeschwächt. Die Beziehungen Deutschlands
und Spaniens sind ihrer Natur nach solche, daß der zwischen diesen Ländern
herrschende Friede weder durch eine dauernde Verschiedenheit ihrer Interessen
noch durch bittere Erinnerungen, welche aus ihrer Vergangenheit stammten,
oder durch Eifersüchteleien auf Grund ihrer geographischen Lage bedroht ist.
Ihre gewohnten guten Beziehungen könnten nur durch zufällige Ursachen oder
Mißverständnisse getrübt werden. Es ist daher aller Grund zu der Hoffnung
vorhanden, daß die friedliche Aktion Ew. Heiligkeit dauernde Wirkungen
haben wird, und zu diesen rechne i in erster Reihe das dankbare Andenken,
welches die beiden Parteien dem erhabenen Vermittler bewahren werden. Was
mich betrifft, so werde ich immer und mit Eifer jede Gelegenheit ergreifen,
welche die Erfüllung meiner Pflichten gegen meinen Herrn und gegen mein
Vaterland mir darbieten wird, um Ew. Heiligkeit meine lebhafte Dankbarkeit
und meine tiefe Ergebenheit zu bezeugen. Ich bin, Sire, mit dem Gefühl der
tiefsten Hochachtung Ew. Heiligkeit ergebenster Diener v. Bismarck.
Den französischen Originaltext siehe St A. 46, 8819.)
ber die Priorität der Besitzergreifung und die Notwendigkeit der
Vermittelung des Papstes schreibt die „Nordd. Allg. Ztg.“ in einer Polemik
gegen den Reichsboten am 15. Jan.: Die genannte Inselgruppe ist von Berlin
sehr weit entfernt, und die Frage, ob Deutschland oder Spanien in der Be-
sitzergreifung die Priorität gehabt habe, war daher nicht so schnell und so
leicht zu entscheiden, als der „Reichsbote“ es annimmt. Zunächst mußten