364 Schweiz. (Mai 14.— Juli 31.)
kommen, daß die Ansprüche schweizerischer Landesangehöriger an Chile
aus den während des Krieges in Peru und Bolivia von chilenischen
Truppen vorgenommenen Handlungen dem durch den deutsch-chile-
nischen Vertrag vom 23. August 1884 errichteten Schiedsgerichte zur
Entscheidung vorgelegt werden sollen.
Mitte Mai bezw. 29. Juni. (Militärgesetz.) Der Bundes-
rat beschließt ein Landsturmgesetz.
Danach sind alle nicht infolge eines Amtes dienstfreien Schweizer=
bürger vom 17. bis zum vollendeten 50. Lebensjahre landsturmpflichtig. Das
Aufgebot erfolgt, sobald der Feind das Land bedroht; im Frieden besteht
kein Dienst. Nach dem Aufgebote steht der Landsturm unter dem Militär-
strafgesetze und leistet den Kriegseid. Er soll 200,000 Mann betragen, ½/
davon mit Schußwaffen versehen, der Rest zu Schanzarbeiten und dgl. ver-
wandt werden. Der Nationalrat nimmt das Gesetz am 29. Juni an.
1. Juni. (Verfassungsrevision.) Bundesrat beantragt
bei der Bundesversammlung eine Revision der Bundesverfassung in
der Richtung, daß die Gesetzgebung über den Schutz gewerblicher und
landwirtschaftlicher Erfindungen, sowie über Muster und Modelle
dem Bunde übertragen werden.
7. Juni. Zusammentritt der Bundesversammlung.
11. Juni. Der Bundesrat kündigt den Handelsvertrag
mit Deutschland und beantragt dessen Revision.
15.—17. Juni. (Arbeitertumulte.) In Zürich entsteht
infolge Verhaftung einiger lärmender strikender Schlosser, nachdem
in vorangegangenen Arbeiterversammlungen die Arbeiterführer auf-
reizende Reden gehalten, ein Aufruhr. Die Polizei wird mit Pflaster-
steinen beworfen und die Polizeiwache belagert. Die Polizei feuert
und macht einen Angriff mit dem Bajonett, mehrfache Verwun-
dungen und Verhaftungen finden statt. Auch in den folgenden Tagen
wiederholen sich die Ruhestörungen.
19. Juni. Der Ständerat nimmt einstimmig den Handels-
vertrag mit Rumänien an.
7. Juli. Nationalfeier des 500. Jahrestages der Schlacht
von Sempach.
31. Juli. (Soziale Frage.) Der Präßident des großen
Rates des Kantons Bern, Fürsprech Ritschard, eröffnet die Sitzungen
des Großen Rates mit einer Ansprache, in der es u. a. heißt:
„Die politische Arbeit unserer Tage", sagte der Redner unter anderm,
„trägt fast in allen Ländern ein wirtschaftliches, soziales Gepräge. Wir
werden wohl auch zu denen gehören wollen, die nicht nur die Zeichen des
Wetters, ob der Tag schön oder trübe sein werde, sondern die auch die Zeichen
der Zeit zu deuten verstehen. Diese Zeichen der Zeit nun deuten darauf